Hecken - Erfahrungsberichte aus der Praxis

Lesedauer: 5 Minuten

Wir haben zwei Landwirte und eine Landwirtin zu ihren Erfahrungen mit der Neuanlage von Hecken befragt. Sie alle waren sich einig, dass Hecken wichtige Bereitsteller von Schutzräumen und Nahrung für die lokale Fauna sind und somit die Biodiversität auf Agrarflächen erhöhen können. Sie können aber auch Herausforderungen mit sich bringen und es gibt deswegen einige Dinge bei ihrer Anpflanzung zu beachten.

Vorstellung Landwirt:innen

Thomas Vahle 

Thomas Vahle betreibt auf 1400 Hektar Fläche einen Gemischtbetrieb im uckermärkischen Wolfshagen. Auf einem Teil seiner Fläche baut er dabei ausschließlich nach biologischen Standards Futter für seine 150 Rinder umfassende Mutterkuhherde und 700 Biomastschweine an. Durch seine Nebentätigkeiten als Jäger und Imker kennt er die Wichtigkeit von Strukturelementen für die heimische Flora und Fauna. Ob in Eigenregie oder in Zusammenarbeit mit dem WWF - er hat schon diverse Hecken angelegt, Sölle renaturiert und bereits mit dem Thema Agroforst experimentiert.

Johann Breit

Der Betrieb auf dem Johann Breit seit 1999 Betriebsleiter ist, besteht schon seit über 200 Jahren. Im Oberösterreichischen Esternberg betreibt er auf 44 Hektar gemischte Landwirtschaft mit Ackerbau und Grünland, dessen Ernte vor allem für den eigenen Bio-Milchviehbetrieb genutzt wird. Als Ziel für die nächsten 5 Jahre hat Herr Breit sich vorgenommen 1% seiner Agrarfläche aus der Produktion zu nehmen und auf ihnen Strukturelemente zu errichten. Angefangen wurde mit einer 700m² großen Heckenpflanzung, welche er in Zusammenarbeit mit einer örtlichen Naturschutzgruppe vorgenommen hat. 

Renate Strohm

Renate Strohm betreibt seit 1994 den Biohof Diemitz in Mecklenburg-Vorpommern. Besonders die Tierhaltung hat es ihr angetan und so baut sie nach biologischen Standards auf 99 Hektar Futter für ihre Schafe, Pferde, Esel, Ponies sowie Pensionsrinder der Nachbarbetriebe an. Die sandigen Böden und die geringe Niederschlagsrate in der Region sind dabei eine besondere Herausforderung. Um heimischen Arten Schutz und Nahrung zu bieten, hat sie bereits Blühstreifen gepflanzt, Brachen begrünt und auf ihren Flächen zwei neue Streuobstwiesen angelegt. In einer Kooperation zwischen den lokalen Landwirten und Landwirtinnen und dem Flächeneigentümer sind vor zwei Jahren außerdem in der Gemarkung Diemitz gut 1 km neue Feldhecken entstanden.

 

Aus welchen Gründen haben Sie sich entschieden, Hecken anzupflanzen?

Alle befragten Landwirte und Landwirtinnen nannten die Schaffung von Lebensräumen und Nahrungsquellen für heimische Arten als einen der Hauptbeweggründe für die Anlage von Hecken. Herr Vahle gab zusätzlich an, dass Hecken andere klimatische Verhältnisse schaffen. Dies kann Vorteile für das Ackerland und (durch Schattenwurf) auch für das Weidevieh bringen. Er findet außerdem strukturreiche Landschaften mit vielen Landschaftselementen schöner als ausgeräumte Agrarflächen. Auch Herr Breit handelte auf Grund eines Mangels von Landschaftselementen, insbesondere halbhohen Hecken in der Region.

Worauf sollte man beim Anpflanzen von Hecken achten?

Renate Strohm und Johann Breit sind beide der Meinung, dass es besonders wichtig ist einen Kompromiss zwischen der Bewirtschaftung und dem Naturschutz zu finden. Frau Strohm empfiehlt daher die Etablierung von Lücken zwischen den Hecken oder die Pflanzung kleinerer Einheiten anstatt langer Heckenstreifen. Herr Breit hat bei der Standortwahl genau darauf geachtet, dass die Hecke bei der Bewirtschaftung nicht im Weg ist (siehe Artikel Neuanlage von Hecken - wichtige Hinweise und Tipps). Herr Vahle und Frau Strohm unterstreichen außerdem die Wichtigkeit der richtigen Sortenwahl bei den Heckensträuchern. Herr Vahle setzt auf eine diverse Zusammensetzung mit Sträuchern, die gleichmäßig übers Jahr verteilt blühen, um das Vorkommen von wichtigen Bestäubern, zum Beispiel verschiedenen Bienenarten, zu unterstützen. Frau Strohm setzt außerdem auf standortangepasste Arten (Hundsrose, Liguster) die mit der teilweise extremen Trockenheit in ihrer Region zurechtkommen.

Welche Bestandteile haben Sie ausgewählt und warum?

Alle 3 achteten bei der Auswahl der Heckenbestandteile auf ihren Nutzen für heimische Arten. Zum Beispiel liefern Wildobstarten Nahrung für zahlreiche Insekten und Vogelarten, teilweise bis in den Winter hinein. Herr Vahle unterstrich zusätzlich die Wichtigkeit von Bruch- und Totholz für zahlreiche Organismen. Dieses fällt vor allem durch die Etablierung von einzelnen Bäumen in Hecken an. Herr Breit setzte bei seiner Hecke vor allem auf halbhohe Sträucher, da besonders halbhohe Hecken in der heutigen Agrarlandschaft und so auch in seiner Region, fehlen. Er hat sich außerdem für früchtetragende Arten, wie die Schlehe oder den Holunderstrauch entschieden, um diese entweder zur Vermarktung oder zum Eigengebrauch verwenden zu können.

Was ist Ihrer Meinung nach ein besonders geeigneter Standort für Hecken?

Bei der Standortwahl kommt es vor allem auf die Bedingungen in der Region an, sagt Renate Strohm. In der strukturreichen Landschaft in der sie wirtschaftet, fände sie eine Anlage von Hecken besonders an Waldrändern sinnvoll, um natürlich gestufte Waldränder zu etablieren. Thomas Vahle findet, dass an jeden Weg oder jeden Graben eine Hecke gepflanzt werden kann. Eine Neuanlage von Hecken bietet sich außerdem auf brachliegenden Flächen oder zur Unterteilung größerer Flächen an. Johann Breit unterstreicht noch einmal, dass die Hecke an ihrem ausgewählten Standort kein Hindernis für die Bewirtschaftung darstellen sollte. Ansonsten bieten sich windexponierte Stellen oder nicht bewirtschaftbare Böschungen an.  

Welche Unterschiede und positiven Effekte konnten Sie seit der Anpflanzung der Hecken auf Ihren Agrarflächen feststellen?

Positive Effekte konnten vor allem für das Vorkommen heimischer Arten festgestellt werden. Besonders große Effekte konnte Thomas Vahle nach der Renaturierung eines Solls, welche auch die Neuanpflanzung von Hecken einschloss, feststellen. Zahlreiche Arten wie zum Beispiel Reiher, Kraniche, Wildschweine und auch Schwarzstörche kommen seitdem Abend für Abend zusammen, um im Schutz der Hecken an der Wasserstelle zu trinken. Neben Effekten auf die Artenvielfalt, versprechen sich die drei Befragten auch positive Effekte auf das Mikroklima, zum Beispiel durch die Vermeidung von Winderosionen.

Welche Herausforderungen oder negativen Aspekte können bei der Neuanpflanzung von Hecken auftreten?

Die Anlage von Hecken kann auch einige Herausforderungen mit sich bringen. Die Kosten, die bei der Anlage der Hecke in Diemitz entstanden sind, wurden zum Beispiel vollständig von einem öffentlichen Träger übernommen. Die standardisierten Anforderungen des Trägers erschwerten, laut Renate Strohm, jedoch die individuelle Gestaltung der Hecke. Auch Thomas Vahle sieht vor allem Herausforderungen bürokratischer Natur bei der Neuanlage von Hecken. Er vermutet, dass insbesondere durch die Düngeverordnung und den vorgeschriebenen Abstand von Strukturelementen, vielen Landwirten und Landwirtinnen der Anreiz genommen wird selbst Hecken anzulegen. Dies könnte auch durch die reduzierte förderfähige Agrarfläche passieren, sofern Hecken in den Acker gewachsen sind. 

Auf der landwirtschaftlichen Seite stellt für Johann Breit eher das hohe Wildaufkommen und der dadurch entstehende Wildverbiss seiner neu gepflanzten Hecke ein Problem dar. Um dies zu vermeiden, wurde die Diemitzer Hecke eingezäunt. Dadurch und weil zu wenig Gassen in der 1 km langen Hecke gelassen wurden, haben Wildtiere, vor allem Rehwild, jedoch Probleme sich auf den angrenzenden Flächen frei zu bewegen. Auch bei der privaten Nutzung der Fläche, zum Beispiel beim Spazieren gehen oder Reiten, würde Renate Strohm ein vermehrtes Vorkommen von Gassen zwischen den Hecken vorteilhaft finden. Thomas Vahle und Johann Breit machen weiterhin darauf aufmerksam, dass Hecken oftmals mehr Platz beanspruchen, als man am Anfang denken würde. Sie müssen außerdem regelmäßig gepflegt werden, was einen zusätzlichen Arbeitsaufwand darstellt.

Würden sie anderen Landwirt:innen die Anpflanzung von Hecken empfehlen?

 

Die drei Befragten würden trotz negativer Effekte und auftretender Herausforderungen anderen Landwirten und Landwirtinnen die Neuanlage von Hecken empfehlen. Vor allem, um wieder mehr Struktur in die Landschaft zu bringen und die lokale Flora und Fauna zu unterstützen. Renate Strohm spricht sich jedoch, im Falle einer öffentlichen Förderung, für mehr Kommunikation und Absprachen mit den landwirtschaftlichen Betrieben aus. So können Kompromisse zwischen Bewirtschaftung und Naturschutz möglich gemacht werden. Thomas Vahle wünscht sich eine bessere Anreizsetzung und Kompensation durch die Politik, damit in Zukunft mehr Landwirt:innen bereit sind Hecken zu pflanzen.