Wurzelexsudate im Überblick

Lesedauer: 3 Minuten

Große Anteile der von Pflanzen gebildeten Assimilate werden in Form von Exsudaten in den Wurzelraum abgegeben. Bei Jungpflanzen sind es 30 bis 40 %, später immerhin noch fünf bis 21 %. Welche Vorteile ziehen die Pflanzen also daraus einen so hohen Anteil ihrer gebildeten Assimilate wieder abzugeben?

Was sind Wurzelexsudate?

Als Wurzelexsudate werden verschiedene organische Verbindungen, wie Zucker und Aminosäuren, aber auch organische Säuren, Hormone und Vitamine bezeichnet, die durch die Pflanzenwurzel abgegeben werden. Welche Stoffe in welchem Umfang abgegeben werden, hängt von den physiologischen Bedingungen, wie dem Alter und Nährstoffzustand der Pflanze, und abiotischen Faktoren, wie der Bodenstruktur, der Bodenfeuchte und der Temperatur, aber auch dem Genotyp der Pflanze ab. Wurzelexsudate stellen schnell verfügbare Nährstoffe für Mikroorganismen dar. Dies ist die Erklärung für eine vermehrte Aktivität von Mikroorganismen in der Rhizosphäre. Vor allem eine Infektion mit Mykorrhiza wird durch eine starke Wurzelexsudation gefördert. Die Pflanze profitiert von der Interaktion mit den Mikroorganismen durch die durch Mineralisation frei werdenden Nährstoffe. Andersherum können auch Mikroorganismen die Wurzelexsudation stimulieren.

Interaktion mit Bodenorganismen

Wie stark die Pflanzenwurzeln mit den Mikroorganismen im Boden interagieren, hängt davon ab, wie viele Wurzelexsudate über die Zeit abgegeben werden und in welchem Raum dies geschieht. Entscheidend ist vor allem die Ausbildung von Wurzelhaaren. Die Wurzelhaare ermöglichen nicht nur eine weitere Ausdehnung in der Rhizosphäre, sondern tragen auch zu einer deutlich gesteigerten Wurzelexsudation bei. Somit wird auch mehr Kohlenstoff in den Boden transportiert.

Eine Infektion mit Mykorrhiza wird durch die Wurzelexsudate gefördert. Die Mykorrhiza geben wiederum auch Exsudate ab, vor allem Glomalin. Glomalin ist ein Glykoprotein, das als natürlicher Klebstoff die Bodenpartikel zusammenhält und somit einen positiven Einfluss auf die Bodenstruktur hat. Zudem trägt die Mykorrhiza-Infektion zur Erschließung neuer Nährstoffquellen bei.

Einfluss auf den Wassergehalt des Bodens

Zu den Wurzelexsudaten gehört auch die Mucilage. Dieser schleimartige Stoff kann große Mengen Wasser im Boden halten. Diese erhöhte Bodenfeuchte ermöglicht der Pflanze eine weitere Ausdehnung in der Rhizosphäre, sodass auch in trockenen Zeiten tieferliegende Wasserquellen erschlossen werden können. Der Bodenwassergehalt hat aber auch einen entscheidenden Einfluss auf die Phosphataseaktivität und damit auf die Verfügbarkeit von Phosphor im Boden.

Einfluss auf die Nährstoffverfügbarkeit

Bei Phosphatmangel ist die Wurzelexsudation ebenfalls erhöht. Über die Wurzelhaare werden Phytasen abgegeben, welche organisch gebundenes Phosphat in lösliche, anorganische Phosphor-Verbindungen umwandeln. Aber auch durch die gesteigerte Mykorrhizierung wird unter anderem die Phosphorverfügbarkeit verbessert.

Auf alkalischen Böden kann auch Eisenmangel zum Problem werden. Dikotyle Pflanzen sind in der Lage mit ihren Wurzelexsudaten Cumarin-Derivate abzugeben. Dies sind sekundäre Pflanzenstoffe, die schwerlösliches Eisen mobilisieren können. Welche Cumarine abgegeben werden, steuert die Pflanze je nach Bodenbedingungen und pH-Wert. Auch bei Zink- und Mangan-Mangel können bestimmte Aminosäuren ausgeschüttet werden, die sich wie Chelate verhalten und so die Freisetzung der Nährstoffe ermöglichen.

Interaktionen mit Schadorganismen

Die Interaktion mit Bodenorganismen hat jedoch nicht nur positive Auswirkungen. Neben den positiven Wechselwirkungen mit Mykorrhiza, Rhizobien und wachstumsfördernden Wurzelbakterien entstehen auch Wechselwirkungen mit parasitischen Pflanzen, Krankheitserregern und Nematoden. Bei Angriffen durch Schaderreger werden aber auch verstärkt Abwehrstoffe über die Wurzeln ausgeschüttet. Der Botenstoff Methyljasmonat sorgt bei vielen Pflanzenarten für die Ausschüttung spezifischer Abwehrstoffe, wie Rishitin bei Kartoffeln oder Scopoletin bei Tomaten. Bei Befall mit dem Maiswurzelbohrer produziert die Maispflanze Wurzelexsudate, die nützliche Nematoden anlocken, welche die Larven des Maiswurzelbohrers befallen.

Neben Interaktionen mit Mikroorganismen finden auch Interaktionen mit anderen Pflanzen statt. Die Zusammensetzung der Enzyme in den Exsudaten verändert sich, wenn die Wurzeln zweier Arten aufeinandertreffen. Bei Neophyten findet diese Reaktion nicht statt. Häufig enthalten die Wurzelexsudate auch Strigolactone, welche parasitische Pflanzen der Gattung Striga anlocken. Striga-Arten sind parasitische Pflanzen, die derzeit vor allem in Afrika zu großen Ertragsverlusten führen, unter anderem im Sorghumanbau. Die Strigolactone fördern aber auch die Besiedlung mit Mykorrhiza, die ihrerseits die Keimung der Striga-Samen unterdrücken.

Einfluss auf die C-Sequestrierung im Boden

Eine aktuelle Untersuchung konnte zeigen, dass Wurzelexsudate mit einem geringen C/N-Verhältnis zu einer Erhöhung der mikrobiellen Biomasse im Boden in Verbindung mit geringeren Kohlenstoffdioxid-Emissionen beitragen. Infolgedessen steigt die anabole Aktivität im Boden und mehr Kohlenstoff kann im Boden gespeichert werden. Wurzelexsudate mit niedrigen C/N-Verhältnissen führen hingegen zu einer gesteigerten Kohlenstoffdioxid-Emission aus landwirtschaftlichen Böden. Die Ursache hierfür ist die gesteigerte mikrobielle Aktivität durch die leicht verfügbaren Pflanzenexsudate. Dies führt wiederum zu einer schnelleren Mineralisierung der organischen Bodensubstanz. Inwiefern diese Erkenntnisse genutzt werden können, muss nun weiter untersucht werden.

Fazit

Wurzelexsudate spielen eine wichtige Rolle in der Interaktion der Pflanzen mit anderen Organismen. Diese Interaktionen müssen nicht immer vorteilhaft sein, da auch Schaderreger von den freigesetzten Nährstoffen profitieren können. Trotzdem überwiegen die Vorteile, wie die erhöhte mikrobielle Aktivität im Boden und die geförderte Mykorrhiza-Infektion, die zu einer verbesserten Nährstoffverfügbarkeit für die Pflanze beitragen. Aber auch die verbesserte Wasserversorgung und die Bedeutung für die Schadabwehr sind nicht zu unterschätzende Effekte.