Der Agrarsektor trägt wesentlich zum Ausstoß von Treibhausgasen und damit zum Klimawandel bei. Durch Anpassung der Bewirtschaftungsarten kann dieser Trend allerdings umgekehrt werden, wodurch die Landwirtschaft das Potenzial hat einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Eine wichtige Rolle spielen Agroforstsysteme in diesem Zusammenhang. Sie bringen neben der Schonung des Klimas zahlreiche weitere Vorteile mit sich wie den Schutz von Boden, Wasser und Biodiversität und eine mögliche Steigerung der Flächenproduktivität. Im folgenden Artikel wird näher erläutert, inwiefern Agroforstsysteme für das Klima relevant sind.
Agroforstsysteme können über verschiedene Mechanismen wie die Bewirtschaftungsweise, die Pflanzenbiomasse und die Humusbildung zur Speicherung und Einsparung von Treibhausgasen beitragen. Hierbei beträgt das durchschnittliche Treibhausgasminderungspotenzial in Europa gut 10 t CO2e pro Hektar und Jahr. Damit liegt der Agroforst in Bezug auf CO2 Einsparungen Studien zufolge sogar vor anderen regenerativen Methoden wie reduzierte Bodenbearbeitung, Zwischenfruchtanbau und Anlegung von Hecken.
Die Gehölzareale in Agroforstsystemen werden ausgesprochen extensiv bewirtschaftet. Dank der besseren Selbstregulation und Widerstandsfähigkeit dieses Systems und des Anbaus resistenter Sorten, kann der Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden in den Forstbereichen stark verringert bis hin zu komplett vermieden werden. Hierdurch kommt es zu Treibhausgaseinsparungen infolge der reduzierten Bodenbehandlung und Betriebsmittelproduktion. Außerdem können die Lachgasemissionen aufgrund der nicht notwendigen Stickstoffdüngung deutlich vermindert werden. Die dadurch bedingte Treibhausgasreduktion beträgt Schätzungen zufolge jährlich ca. 0,2 t CO2e pro Hektar Agroforst mit 10 % Waldanteil. Bei größerer Gehölzfläche kann das Potenzial der Treibhausgasminderung durch extensive Bewirtschaftung mit Einsparungen von 50 bis 90 % noch höher liegen.
Die Aufnahme von CO2 durch das Gehölz führt zu einer unmittelbaren Treibhausgasreduktion. Dabei ist das Einsparungspotenzial auf schmalen Flächen mit vorher niedrigem Kohlenstoffvorrat besonders hoch. Außerdem sind Regionen mit gemäßigtem Klima und einer guten Wasserversorgung aufgrund des größeren Holzwachstums besonders vielversprechend. Die genaue Ersparnis an Treibhausgasen unterscheidet sich je nach Art, Nutzung und Standortbedingungen von Agroforstsystemen.
Bei Kurzumtriebsplantagen liegt das Augenmerk, wegen der nur kurzweiligen Speicherung von CO2 für maximal 10 Jahre, auf dem CO2-Vermeidungspotenzial. Dabei werden schnell wachsende Gehölze (z.B. Pappeln oder Weiden) in relativ hoher Pflanzdichte angebaut, sodass moderaten Schätzungen zufolge pro Jahr im Durchschnitt knapp 15 t CO2e pro Hektar Forstfläche gebunden werden können. Andere Studien erwarten sogar eine CO2 Speicherung von bis zu 40 Tonnen. Anschließend wird das Holz energetisch verwertet und kann folglich fossile Energieträger ersetzen. Unter Berücksichtigung der Nutzungseffizienz des Brennstoffes Holz im Vergleich zu fossilen Energieträgern und dem Wirkungsgrad der jeweiligen Kraftwerkstechnologie können hierdurch Treibhausgaseinsparungen von circa 50 %, also von durchschnittlich fast 8 t CO2e pro Hektar Gehölzfläche und Jahr erreicht werden.
Dabei führen kurze Transportwege und ein hoher Wirkungsgrad der Holzenergienutzung, wie bei der gleichzeitigen Erzeugung von Strom und Wärme in Blockheizkraftwerken, zum größtmöglichen Klimaschutzeffekt. Auch im Vergleich zur übermäßigen Nutzung von Waldressourcen als Biomasse kann Agroforst die Treibhausgasbilanz verbessern. Zusätzlich gilt diese Art der energetischen Verwendung von Agroforstgehölzen als klimaneutral, sofern nachhaltig angebaut wird.
In Agroforstsystemen mit längeren Umtriebszeiten von bis zu 50 Jahren werden ebenfalls schnellwachsenden Baumarten angebaut. Dabei werden Studien zufolge unter Annahme einer relativ geringen Pflanzdichte und Wuchsrate pro Jahr ca. 13 t CO2e pro Hektar Ackerholz aufgenommen und im stehenden Holz längerfristig gespeichert. Anschließend ergeben sich bei energetischer Nutzung dieselben Effekte wie bereits für die Kurzumtriebsplantagen beschrieben wurde, also in diesem Fall knapp 7 t CO2e an Treibhausgaseinsparungen pro Hektar Holz und Jahr. Des Weiteren werden die Gehölze auch als Werkstoffe verwendet. Dadurch können sie Materialien, die mit einem höheren Energieaufwand und Treibhausgasausstoß produziert werden, wie z.B. Beton, Stahl und Kunststoffe, ersetzen. Hiermit lässt sich insbesondere bei Produkten mit hoher Lebensdauer langfristig CO2 speichern und einsparen, wobei eine Reduktion von ca. 3,9 t CO2e pro Tonne Trockenholz möglich ist.
Die größte Emissionsreduzierung ergibt sich durch eine Kaskadennutzung des Holzes zunächst als Material und anschließend energetisch. Außerdem kann die Produktivität und damit das CO2-Einsparungspotenzial dieses Anbausystems durch die Kombination mit dem Anbau von Gehölzen im Kurzumtrieb weiter gesteigert werden.
Der Anbau langlebiger Baumarten wie der Eiche ist klimatechnisch und ökologisch sehr bedeutsam. Dabei bleibt der Kohlenstoff aufgrund der langen Umtriebszeiten von bis zu 100 Jahren langfristig in der Holzbiomasse gebunden und wird anschließend weitere Jahrzehnte in Form von Bauholz gespeichert. Allerdings ist die jährliche CO2-Bindungsmenge Untersuchungen zufolge mit ca. 4 t CO2e pro Hektar Gehölzfläche geringer als in schnell wachsenden, dicht gepflanzten Systemen.
Bei der Gegenüberstellung der verschiedenen Arten von Agroforst schneidet die Kurzumtriebsplantage mit dem höchsten CO2-Reduktionspotenzial am Besten ab. Dies gilt allerdings nur sofern sie über den gleichen, langen Zeit raum wie die das System zur Wertholzerzeugung genutzt wird. Allerdings steht hierbei das Substitutionspotenzial fossiler Energieträger und nicht die langfristige CO2-Bindung im Fokus.
Abgesehen von der Aufnahme von CO2 durch Holz, wird der Kohlenstoff auch unterirdisch in den Pflanzenwurzeln und im Boden gebunden. Die gebildete Wurzelmasse ist hierbei in Systemen mit langen Wachstumszeiten wie dem Agroforst zur Wertholzerzeugung höher. Das gespeicherte CO2 bleibt anschließend je nach Art und Tiefe der Wurzeln, Bodenchemie und Klima bis zu 10 Jahre nach der letzten Fällung erhalten. Damit kann die unterirdische Biomasse in Kurzumtriebsplantagen Studien zufolge insgesamt maximal 30 Jahre lang jedes Jahr knapp 7 t CO2e pro Hektar Forstfläche speichern. Im Energie- und Stammholzanbau sind es hingegen gut 3 Tonnen jährlich für bis zu 60 Jahre und in der Wertholzerzeugung aus Agroforst circa 1 Tonne CO2 Zuwachs pro Jahr über sogar 110 Jahre. Anschließend geht der Kohlenstoff graduell in Nährhumus über, welcher ihn wieder an die Pflanzen und die Atmosphäre abgeben kann.
Des Weiteren kommt es durch den Anbau von Gehölzstreifen auf vorherigen Ackerflächen meist zu einer deutlichen Zunahme des Humusgehalts in der oberen Bodenschicht bis 100 cm. Dabei werden abgestorbene Pflanzenteile zersetzt und CO2 gebunden. Insbesondere auf zuvor humusarmen Flächen ist das CO2-Aufnahmepotenzial im Boden sehr hoch. Das genaue Kohlenstoffspeichervermögen der Agroforstböden variiert allerdings stark in Abhängigkeit der Klimazone, Region, Bodenbeschaffenheit und Art von Agroforstsystem. Auf einer Beispielfläche im Kurzumtrieb kam es dabei innerhalb von sechs Jahren zu einer Kohlenstoffanreicherung von ca. 4 t pro Hektar Gehölzfläche in der Oberbodenschicht von 10 cm.
In seltenen Fällen kann es Untersuchungen zufolge auch zu einer Abnahme des Humusgehalts im Oberboden bis 80 cm Tiefe im Vergleich zum reinen Ackerbau kommen. In einer anderen Studie konnte hingegen nachgewiesen werden, dass sich die Kohlenstoffmenge im Boden bei älteren Agroforstsystemen auch in den Ackerkulturbereichen erhöht. Hierdurch kann es somit zu weiteren CO2-Einsparungen kommen.
Zusätzlich können auch die Methan- und Lachgasemissionen aus Böden ersten Untersuchungen zufolge durch die Etablierung von Agroforstsystemen auf Ackerflächen deutlich reduziert werden. Für genauere Aussagen hierzu sind jedoch weitere Analysen nötig. Derartige Treibhausgasemissionen können insbesondere durch Auflockerung von Bodenverdichtungen und damit verbundener Staunässe reduziert werden.
Insgesamt führt der Agroforstanbau also im Normalfall auch zu einer Zunahme der unterirdischen CO2-Speicherung. In Bezug auf die Kohlenstoffbindung in den Wurzeln ist die Anbaumethode zur Gewinnung von Wertholz aufgrund der langfristigen CO2-Reduktion am bedeutendsten für den Klimaschutz.
Insgesamt führen Agroforstsysteme also zu einer deutlichen Verminderung von Treibhausgasemissionen im Gegensatz zu reinem Ackerbau und zur Einsparung von CO2 im Vergleich zur Nutzung fossiler Brennstoffe. Laut einer Beispielrechnung könnte der Anbau von Gehölzen auf 5 % der Agrarfläche in Deutschland ca. 15 % der landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen kompensieren. Damit weisen Agroforstsysteme im Allgemeinen ein hohes Klimaschutzpotenzial auf, das stärker genutzt und gefördert werden sollte. Sie wurden deshalb schon auf europäischer Ebene als effektive Maßnahme für den Klimaschutz empfohlen.
Weitere interessante Artikel zu den Umweltleistungen von Agroforst findest Du HIER.