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Im Rahmen des Pflanzenschutzes in der Landwirtschaft spielen Pflanzenschutzmittel eine große Rolle. Der Nationale Aktionsplan Pflanzenschutz der Bundesregierung verlangt eine Reduktion von Pflanzenschutzmitteln auf ein notwendiges Minimum. Um dies zu erreichen, kann der biologische Pflanzenschutz in einigen Fällen ein bewährtes Mittel darstellen. In diesem Teil des Artikels werden die im Rapsanbau einsetzbaren Nützlinge vorgestellt und deren Aufgaben im Ackerbau erläutert. In der Fortsetzung des Artikels wird beschrieben, wie die Integration von Nützlingen im Rapsanbau funktionieren kann.
Weltweit wurden im Jahr 2021/2022 auf einer Fläche von 35,6 Millionen Hektar Raps angebaut, hiervon fielen 5,5 Millionen Hektar auf die europäischen Anbaugebiete. Innerhalb Europas sind die gleichen Rapsschädlinge vertreten, allerdings dominieren je nach Region und klimatischen Gegebenheiten andere Arten das Feld. Ausschlaggebend für das zeitliche Auftreten der Schädlinge ist die Bodentemperatur und somit die Jahreszeit. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über das Auftreten und den verursachten Schaden verschiedener Rapsschädlinge:
Hierbei ist der Rapsglanzkäfer eine Besonderheit. Obwohl er der Pflanze schadet und seine Eier in die Knospen legt, verwandelt er sich zu einem nützlichen Helfer beim Bestäuben, sobald sich die Blüten öffnen.
Nützlinge verhalten sich wie Räuber, Parasitoide oder Parasiten, sind meist wirbellose Tiere wie Insekten und können außerdem winzigste Organismen wie Bakterien oder Pilze sein. Auch Vögel zählen zu den natürlichen Feinden gewisser Schädlinge.
Die Aufgabe von Nützlingen ist das Abtöten oder Schwächen der Schädlinge in unterschiedlichen Lebensstadien. Im biologischen Pflanzenschutz spielen diese kleinen Helfer eine enorme Rolle, weshalb die natürliche Vielfalt von auf dem Feld vorhandenen Nützlingen durch angepasste Pflanzenschutzmaßnahmen und Agrarumweltmaßnahmen erhalten und gefördert wird. Wenn es eine gesunde Nützlings-Population gibt, so sorgt diese nicht nur im laufenden Jahr für die Schädlingsbekämpfung, sondern schützt auch vor Wiederbefall und dezimiert den Ausgangs-Befall der Schädlinge im Folgejahr.
Die Anzahl an Nützlingen geht mit dem Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln zurück, da diese von den Wirkstoffen geschwächt oder vernichtet werden. Um dies zu vermeiden und das Gleichgewicht auf dem Acker nicht zu stören, gibt es Schadschwellen, bis zu welchen der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln aller Art nicht empfohlen wird. Um diese Richtwerte zu ermitteln, ist ein gewissenhaftes Monitoring des Schädlingsbefalls ausschlaggebend. Hierbei sollten Rapsanbauer an mehreren Stellen im Feld eine ausreichend große Anzahl an Proben nehmen.
Zur Messung des Schädlingsbefalles werden Gelbschalen verwendet. Diese werden im Feld aufgestellt, oder aber die Schädlinge werden von der Pflanze aus hinein geklopft. Im Folgenden werden die Richtwerte für unterschiedliche Rapsschädlinge tabellarisch aufgelistet:
Keinerlei bisher bekannte Richtwerte gibt es für die Kleine Kohlfliege, Blattläuse und den blauen Mauszahnrüssler.
Als Alternative zu chemischen Pflanzenschutzmitteln gibt es für Rapsbauern beispielsweise die Möglichkeit, Fallen auszulegen. Diese können als Lockmittel sowohl Sexualhormone des Rapserdflohs oder Allylisothiocyanat enthalten. Letzteres ist der Hauptbestandteil von Senföl und in dieser Form toxisch. Außerdem können ätherische Öle sowie Neemöl gesprüht werden, welche ausschließlich den Schädlingen schaden oder zumindest eine abwehrende Wirkung besitzen.
In der Zeit von Mai bis Juni sind die meisten Nützlinge auf dem Feld unterwegs, da es in diesen Monaten besonders viel Beute zu fressen gibt. Hier stürzen sich die Laufkäfer, Spinnen und Kurzflügelkäfer auf jegliche Beute, die sie finden können. Spinnen bauen im Rapsbestand Netze und fressen anschließend die gefangenen Larven und Käfer. Laufkäfer jagen auf dem Boden und fressen die vorhandenen Eier und Schädlingslarven. Der Kurzflügelkäfer jagt ebenso auf dem Boden und zusätzlich auch noch im Bereich der Blüten, wo er die Larven und Eier der Schädlinge frisst.
Unter den Nützlingen im Raps gibt es allerdings auch spezialisierte Tiere. Der Marienkäfer beispielsweise frisst besonders viele Blattläuse, ebenso wie die Florfliege. Die Schlupfwespe ist je nach Gattung beispielsweise auf den Rapsglanzkäfer oder aber den Rapserdfloh, Rapsstängelrüssler oder auch den Kohltriebrüssler spezialisiert.
Generell zählen alle Schlupfwespenarten zu den Parasitoiden. Dies bedeutet sie parasitieren ihren Wirt nicht nur, sondern töten diesen auch am Ende ab. Die auf den Rapsglanzkäfer spezialisierten Schlupfwespenarten, beispielsweise die Phradis interstitialis, legen ihre Eier mit Hilfe ihres Legestachels in die Eier der Käfer sowie in ihre Käferlarven im ersten Larvenstadium ab. Zunächst können sich die Schädlinge normal weiter entwickeln, bis die Käferlarven sich verpuppen und auf den Boden fallen lassen. Jetzt werden die Schlupfwespenlarven aktiv. Die abgelegten Eier innerhalb der Schädlings-Kokons werden aktiv und töten ihre Wirte von innen ab, indem sie die Organe der Käferpuppen fressen. Anschließend verbleiben die Wespen im adulten Stadium zum Überwintern in einem Kokon im Boden der alten Rapsschläge und fliegen im nächsten Jahr zu den neuen.
Die Erfolgsbilanz der Nützlinge ist je nach Region und Jahr unterschiedlich. Es kann allerdings davon ausgegangen werden, dass auf unbehandelten Pflanzen alleine bei den Rapsglanzkäfern bis zu 50% der Larven den natürlichen Feinden zum Opfer fallen und somit nie das adulte Stadium erreichen. Es gibt sogar Versuche, die eine Parasitierungsrate der Rapsglanzkäfer durch Schlupfwespen von bis zu 95% feststellen konnten. Ein Marienkäfer, sowohl im adulten Stadium als auch als Larve, frisst pro Tag circa 60 Blattläuse. Eine Florfliege vernichtet während ihres Lebenszyklus etwa 500 Blattläuse.
Fallbeispiele belegen, dass die Schlupfzahlen der Rapsschädlinge in einem integrierten System deutlich geringer sind als in einem konventionellen System. Zusätzlich zu den bereits aufgeführten räuberischen Insekten gibt es im Rapsfeld noch insektentötende Nematoden und Pilze, welche ebenso zur Schädlingsbekämpfung beitragen. Hiervon gibt es jedoch nur ein geringes Vorkommen in den Böden.