Moose, Flechten und Algen

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Etwa 30 % der Landoberfläche werden von Algen, Moosen und Flechten bedeckt. In den Ozeanen sind Algen, gemessen an ihrer Biomasse, die dominanten Organismen. Moose und Flechten geben als Bioindikatoren einen Hinweis auf den Feuchte-, Säure- und Stickstoffgehalt des Bodens. Die Algen spielen eine wichtige Rolle im Sauerstoffhaushalt von Gewässern. Algen, Flechten und Moose gehören zu den Kryptogamen. Kryptogame sind Arten, deren sexuelle Vermehrung ohne Blüte stattfindet. Diese Arten sind photoautotroph. Das heißt, sie produzieren ihre eigene Nahrung aus anorganischen Stoffen mithilfe von Sonnenenergie. Diese Arten fixieren nicht nur Kohlenstoffdioxid, sondern machen auch etwa die Hälfte der biologischen Stickstoff-Fixierung auf dem Land aus. Gemeinschaften verschiedener kryptogamischer Arten bedecken Böden, Felsen und auch Stämme, Äste und Blätter von Bäumen und Sträuchern.  

 

Kryptogame als Kohlenstoffdioxid-Speicher

Algen, Flechten, Moose und Farne nehmen weltweit jährlich 50 Millionen Tonnen Stickstoff auf und binden etwa 14 Milliarden Tonnen Kohlenstoffdioxid. Dies entspricht der Kohlenstoffdioxidmenge, die pro Jahr durch Waldbrände und verbrannte Biomasse freiwerden. Das Speicherpotential ist jedoch abhängig vom Standort. In den Tropen binden Flechte, Moose und Algen, die auf Pflanzen wachsen, den Großteil des Kohlenstoffdioxids. In außertropischen Regionen wird hingegen der Großteil des Kohlenstoffdioxids durch kryptogame Schichten, die auf dem Boden wachsen, gebunden. Da die kryptogamen Arten keine lange Lebensdauer haben, wird das Kohlenstoffdioxid allerdings nur für wenige Jahre gespeichert.

 

Weitere Funktionen der Kryptogamen

Die Kryptogamen produzieren Kohlenstoff- und Stickstoff-haltige Verbindungen wie Aminosäuren, Kohlenhydrate und extrazelluläre polymere Substanzen. Diese Produkte sowie die kryptogame Biomasse werden von Pflanzen, Tieren und anderen Organismen im Ökosystem als Nährstoffquelle zum eigenen Aufbau von Biomasse genutzt oder fließen durch Erosion ab. Somit regen sie Nahrungsnetze an. Diese Funktion spielt vor allem in trockenen Regionen mit geringem Angebot an organischen Nährstoffen eine Rolle. So findet man Kryptogame häufig auch als Pioniere bei der Besiedlung kahler Böden, wie Felsoberflächen, vulkanischen Ablagerungen oder verbrannten Flächen.

Die kryptogame Bedeckung kann aber auch Bodenminerale bilden und so die Bodenoberfläche stabilisieren. Somit wirken diese Arten als Ökosystemingenieure und tragen zur Sanierung der von Erosion betroffenen Flächen bei. Wenn die kryptogamen Schichten durch Beweidung oder Zertrampeln zerstört werden, nimmt die Erosion zu und die Bodenfruchtbarkeit sowie das Wasserrückhaltevermögen ab.

 

Algen als „grüne Lunge“

Algen können neben dem Regenwald als zweite „grüne Lunge“ unseres Planeten angesehen werden. Ihr großer Vorteil ist ihr deutlich schnelleres Wachstum im Vergleich zu Bäumen. Die größte Bedeutung haben einzellige Algen, wie Kiesel- oder Grünalgen, welche die oberen Schichten des Ozeans besiedeln. Sie sind als relativ einfache Organismen leistungsstark in der Photosynthese und können besonders effizient Kohlenstoffdioxid aus der Luft entfernen. Zudem gibt es Bestrebungen, Algen als Nahrung oder Rohstoff für die Herstellung von Biotreibstoffen oder für die Textil- und Papierherstellung zu nutzen. Dabei sind Algen nicht nur bei der Fixierung von Kohlenstoffdioxid hocheffizient, sondern auch als Rohstofflieferant. Eine Anbaufläche von 300 Quadratkilometern Ölalgen würden ausreichen, um den kompletten Treibstoffbedarf der USA zu decken.

Algen beeinflussen das Klima aber nicht nur über die Bindung von Kohlenstoffdioxid. Die Algenteppiche reflektieren auch das Sonnenlicht, sodass sich die Oberfläche weniger aufheizt. Haptophyten sind marin-planktonisch lebende, einzellige Algen. Sie benutzen zusätzlich Kohlenstoffdioxid, um kalkhaltige Zellwände aufzubauen. Sterben die Haptophyten ab, sinken sie auf den Meeresgrund und binden dort das eingelagerte Kohlenstoffdioxid auch auf lange Zeit.

Die Kohlenstoffdioxid-Speicherleistung der Algen wird in Photobioreaktoren ausgenutzt. In diesen Reaktoren werden Abgase durch eine Anordnung von Algen geleitet, um den Kohlenstoffdioxid-Gehalt zu reduzieren. Da für diesen Prozess aber eine große Menge an Algen und somit viel Fläche benötigt wird, wird derzeit nach Möglichkeiten gesucht, die Bindungsfähigkeit der Algen zu erhöhen. Die Algen aus dem Photobioreaktor können im Anschluss zur Herstellung von Biodiesel verwendet werden.

 

Kryptogame als Lachgas-Emittenten

Auch wenn die Kryptogamen als Kohlenstoffdioxid-Fixierer einen positiven Einfluss auf das Klima haben, muss auch bedacht werden, dass Flechten, Moose und Cyanobakterien große Mengen Lachgas abgeben. Untersuchungen haben gezeigt, dass sie für vier bis neun Prozent der Lachgasemissionen aus natürlichen Quellen verantwortlich sind. Da diese Emissionen ab einer Temperatur von 20 °C zunehmen, ist davon auszugehen, dass die Emissionen mit dem Klimawandel noch weiter zunehmen werden. In Wäldern gemäßigter Regionen sind kryptogame Schichten bereits die Hauptquelle für Lachgasemissionen, in manchen Tundren, Steppen und Wüstenregionen sogar die einzige Quelle.

 

Fazit

Kryptogame, insbesondere Algen, können besonders effizient Kohlenstoffdioxid fixieren und zeichnen sich durch ihr schnelles Wachstum aus. Sie können Kohlenstoffdioxid jedoch nur über vergleichsweise kurze Zeiträume binden. Ausnahmen bilden hier die Haptophyten. Trotzdem hat sich eine Nutzung, zum Beispiel in Form von Photobioreaktoren, als nützlich erwiesen. Zudem sollten auch weitere positive Auswirkungen der Kryptogamen beachtet werden, wie die Minderung von Erosion durch bodendeckende Arten oder die Bereitstellung organischer Nährstoffe.