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Glyphosat ist die Hauptkomponente einiger Breitband- und Totalherbizide, die in der konventionellen Landwirtschaft vielfach zur Unkrautbekämpfung verwendet werden. Auch in der regenerativen Landwirtschaft ist der Einsatz vor allem bei der pfluglosen Bewirtschaftung verbreitet. Glyphosat wird derzeit auf ca. 40 Prozent der deutschen Ackerfläche ausgetragen und ist damit das am häufigsten eingesetzte Unkrautvernichtungsmittel. Das Herbizid findet große Verwendung, weil es alle Unkräuter effektiv abtötet und dadurch universell einsetzbar ist, Unkrautprobleme komplett beseitigt und den Bewirtschaftungsaufwand (zumindest vorerst) reduziert.
Allerdings steht Glyphosat mittlerweile auch vermehrt in der Kritik. Es verschlechtert die Bodengesundheit und -struktur, verringert die Verfügbarkeit von Spurenelementen, macht die angebauten Pflanzen oft krankheitsanfälliger, verunreinigt Gewässer und das Trinkwasser, reduziert die Biodiversität stark und Unkräuter können Glyphosatresistenzen entwickeln. Außerdem steht es unter Verdacht durch Rückstände in Lebensmitteln und Trinkwasser gesundheitsschädlich und krebserregend zu sein.
Als Folge wird der Glyphosateinsatz nun innerhalb der EU bis Ende 2022 verboten, mit einer Aufbrauchfrist bis Ende 2023. Das hat allerdings einschneidende Konsequenzen für die Landwirtschaft. Im folgenden Artikel wird daher näher erläutert, welche genauen Herausforderungen durch das Glyphosatverbot für die regenerative Landwirtschaft entstehen und welche möglichen Alternativen es gibt.
Glyphosat, auch als Wirkstoff unter dem Markennamen ‘Roundup’ bekannt, hat vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Bei konservierender Bodenbearbeitung wird es hauptsächlich genutzt, um “reinen Tisch” vor der Direkt-/oder Mulchsaat zu machen. Damit werden vor der Aussaat sämtliche Unkräuter, Ausfallgetreide und nicht komplett abgefrorene Zwischenfrüchte auf dem Acker abgetötet. Im Nachauflauf wird es eingesetzt, um Nachverunkrautung zu vermeiden. Besonders Quecken können ein problematisches Unkraut bei fehlendem Herbizideinsatz werden. Ohne Glyphosat ist der Auflauf von unerwünschten Pflanzen in der Hauptkultur nach der Saat nur schwer zu vermeiden. Auch nach der Ernte wird es gerne in der Stoppelbearbeitung eingesetzt, um die Verbreitung von Unkräutern zu verhindern.
Ein Teil der Lösung, um ohne Glyphosat auszukommen, könnte in der Bodenbearbeitung liegen. Dabei sollte der Erhalt der konservierenden Bodenbearbeitung an erster Stelle stehen. In einem Versuch des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen (LLH) wurde die Beseitigung von Ausfallraps mit Glyphosat und verschiedenen Maschinen als Alternativen getestet. Dabei waren besonders ein Ringschneider und ein Grubber mit Federzinken und Gänsefußschar effektiv.
Die Gesellschaft für konservierende Bodenbearbeitung leitet ebenfalls ein Forschungsprojekt mit dem Namen “Smarte Unkraut Kontrolle – Entwicklung innovativer Anbaustrategien zum Glyphosatverzicht im pfluglosen Ackerbau”. Ziel ist es, mechanische, biologische und elektrophysikalische Verfahren zu entwickeln, die anstatt Glyphosat eingesetzt werden können. Die Initiative wurde 2019 gestartet und läuft noch bis 2023. Nähere Informationen und Zwischenberichte könnt ihr hier finden.
Der Einsatz von Strom hat sich im Ausland schon als effiziente Methode zur Unkrautbekämpfung erwiesen und ist auch bei schonender Bodenbearbeitung und Direktsaat geeignet. Verfahren unter Anwendung von Lasern werden ebenfalls erprobt.
Aus der Praxiserfahrung von befragten Landwirten mit konventioneller Bewirtschaftung bekamen wir Beispiele für Bodenbearbeitung in der Mulchsaat. Glyphosat wurde dabei bisher als Vorauflaufbehandlung und zum vollständigen Abtöten der Zwischenfrüchte verwendet. Das Ziel des Betriebes ist es, durch eine Kombination aus Walzen der Zwischenfrüchte im Winter und mehrmaligem flachen Grubbern, den Acker ohne Glyphosat für die Mulchsaat vorzubereiten. Sollte Walzen nicht ausreichen, muss mit Mulchern oder Messerwalzen gearbeitet werden.
Letztendlich ist die jeweilige Bodenbearbeitung jedoch von Bodentyp, Fruchtfolge und maschineller Aufstellung des Betriebes abhängig.
Das Problem von Ausfallgetreide und Stoppelverunkrautung im Zwischenfruchtanbau kann durch Untersaaten in Schach gehalten werden. Sie reduzieren den Unkrautdruck indem sie eine Konkurrenz zu den Unkräutern darstellen und sie dadurch am Wachstum hindern. Im Anschluss können die Zwischenfrüchte in Flächenrotte gebracht werden, welche durch Zugabe von Bodenverjüngern (Ferment mit Mikroorganismen) unterstützt werden kann.
Das fördert zusätzlich die mikrobielle Aktivität im Boden, verbessert die Selbstregulation und Fruchtbarkeit des Bodens und verringert die Unkrautkeimung. Auch eine vielfältigere Fruchtfolge mit konkurrenzstarken und widerstandsfähigen Sorten und Mischkulturen kann das Unkrautaufkommen verringern. Außerdem kann der Einsatz von beikrautunterdrückenden Zwischenfrüchten, wie z.B. Futterwicke vor Hafer, Abhilfe schaffen. Wenn die Zwischenfrüchte dadurch sauber geblieben sind und aus Pflanzenarten bestehen, die die Hauptkultur unterstützen, können sie auch ganz oder anteilig bei der Direktsaat der Hauptfrucht stehen gelassen werden.
Im Zusammenhang mit der reduzierten Bodenbearbeitung kann die vorzeitige Saatbettbereitung mit vorheriger Keimung der Beikräuter und anschließender einfacher mechanischer oder thermischer Entfernung den Konkurrenzdruck zur Hauptfrucht deutlich mindern. Auch die Sichtweise, dass nicht alle Beikräuter tatsächlich Unkraut sind und den Ertrag der Kulturpflanzen nicht signifikant verringern, sollte berücksichtigt werden. Daher kann eine selektive Unkrautbehandlung ausreichen. Darüber hinaus hat sich in der Praxis die Ausbringung von pflanzenvitalisierenden Präparaten (z.B. pilzbetonter Komposttee und Brottrunk) als nützlich erwiesen, um die Widerstandsfähigkeit und Selbstregeneration der Kulturpflanzen zu erhöhen. Diese können sich so besser gegen Beikräuter behaupten.
Falls die Verwendung von Herbiziden unvermeidbar ist, kann auf natürliche Alternativen (z.B. Essig- oder Zitronensäure) zurückgegriffen werden, die biologisch abbaubar und nicht gesundheitsgefährdend sind.
Es gibt viele Forschungsambitionen für einen Ersatz von Glyphosat. Neben den bereits vorgestellten Feldversuchen, gibt es noch diverse innovative Ideen im Bereich des Precision Farmings, wie Laser und Roboter zur Unkrautbekämpfung. Ein weiteres interessantes Projekt ist die Entwicklung rund um den Zucker “7Sdh”. Dieser wird von Cyanobakterien gebildet und besitzt in bisherigen Laborversuchen eine ähnlich stoffwechselhemmende Wirkung wie Glyphosat, kann aber aufgrund seines biologischen Ursprungs schneller im Boden abgebaut werden.
Außerdem könnte durch modernes, digitales Pflanzenmonitoring (z.B. intelligente Feldroboter) das Unkrautwachstum und die Unkrautart frühzeitig erkannt werden, wodurch die Pflanzen noch leichter, automatisch, mit genau abgestimmten Methoden und nur bei Überschreitung bestimmter Schwellenwerte entfernt werden können.
Bis diese Entwicklungen jedoch reif für die Praxis und für alle Landwirtinnen udn Landwirte zugänglich sind, dauert es noch einige Jahre.
Derzeit ist keine vergleichbare Generallösung wie Glyphosat zur Unkrautbekämpfung auf dem Markt verfügbar. Es gibt aber zahlreiche etablierte Methoden und Forschungsansätze, die eine gesundheits- und umweltschonendere Alternative darstellen. Am effektivsten wäre wohl eine Kombination verschiedener Maßnahmen, die flexibel auf die lokalen Anbaubedingungen abgestimmt wird. Hierzu fehlen allerdings noch konkrete, ganzheitliche Lösungskonzepte, die nötig sind, um den Landwirtinnen und Landwirten bei der Umstellung zu helfen. Es ist deshalb wichtig an der Entwicklung anderer, zuverlässiger Strategien zu forschen und jedem Betrieb gezielt spezifische Möglichkeiten aufzuzeigen, wie auf Glyphosat verzichten werden kann.
Aus Sicht des Umweltschutzes ergibt es durchaus Sinn, den Glyphosateinsatz und auch den Einsatz anderer Pestizide allgemein zu minimieren und diese nur als “Notlösung” einzusetzen. Besonders in der regenerativen Landwirtschaft sollte die Verwendung von Pestiziden möglichst gering gehalten werden, damit nicht nur das Klima, sondern auch Boden und Umwelt besser regeneriert und geschützt werden.