Anpassungen an die Auswirkungen des Klimawandels - die...

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Die Auswirkungen des Klimawandels sind schon jetzt in weiten Teilen Deutschlands spürbar. Besonders die Landwirtschaft wird in Zukunft mit steigenden Temperaturen und vermehrt auftretenden Extremwetterereignissen zu kämpfen haben. Anpassungen an diese Veränderungen können auf vielen Ebenen erfolgen. Die richtige Auswahl des Saatguts und der von Landwirtinnen und Landwirten angebauten Kulturen sind dabei besonders wichtig, um die prognostizierten Ertragsausfälle in Zukunft so gering wie möglich zu halten. Im Nachfolgenden soll auf unterschiedliche Möglichkeiten zur Anpassung der angebauten Kulturen an die Auswirkungen des Klimawandels, aber auch auf Herausforderungen, die diesen Anpassungen im Wege stehen, eingegangen werden.

Möglichkeiten zur Anpassung der angebauten Kulturen

Verfehlen wir zukünftig das gesetzte Klimaziel und es kommt zum Anstieg der Durchschnittstemperatur um 1,5 °C werden für viele typischerweise in Deutschland angebaute Kulturen hohe Ertragsrückgänge prognostiziert. Sogar der wärmeliebende Mais, welcher eigentlich von höheren Temperaturen profitieren sollte, wird voraussichtlich aufgrund von Wasserknappheit weniger Ertrag abwerfen. Der Anbau resistenter Sorten, das Ausweichen auf alternative Kulturen und eine allgemeine Erhöhung der Vielfalt der Anbaukulturen sind daher geeignete Möglichkeiten, um sich an die Auswirkungen des Klimawandels anzupassen.

Erhöhung der Sortenvielfalt

Kulturarten gibt es in vielen verschiedenen Sorten, deren Eigenschaften und somit ihr Potenzial, mit bestimmten Umweltbedingungen zurechtzukommen, stark variieren. Verlässt man sich beim Anbau lediglich auf eine Sorte, kann es vor allem bei durch den Klimawandel verursachten Extremwetterereignissen zu erheblichen Ertragsverlusten kommen. Der Anbau von Sortengemischen, bestehend aus zum Beispiel früh- und spätreifenden, trockenheitsresistenten und Hochertragssorten, kann hingegen Ertragsschwankungen ausgleichen und Totalverluste verhindern. Sortengemische haben sich auch im Hinblick auf vermehrt vorkommende Schädlinge und Krankheiten als bewährtes Mittel erwiesen. Durch die Erhöhung der genetischen Vielfalt auf Ackerflächen erhöht man die Wahrscheinlichkeit, dass einige der gewählten Sorten resistent gegen bestimmte Schädlingsarten oder Krankheitserreger sind. Auch Hybridsorten werden oft als Absicherung gegen häufig vorkommende Wetterschwankungen eingesetzt. Diese erhöhen aber, anders als Sortengemische, nicht die Resistenz des Pflanzenbestandes gegen Schädlinge und Krankheiten, welche mit zunehmend höheren Temperaturen immer häufiger zum Problem werden. 

Anbau alternativer Kulturarten

Wenn das Wetter zu extrem wird, helfen meist auch keine resistenten Sorten der für Deutschland typischen Kulturarten mehr. Echte Spezialisten müssen her, aus Regionen, in denen extreme Wetterbedingungen schon immer vorherrschend waren. Welche Kulturen besonders geeignet sind, wird bereits in vielen wissenschaftlichen Studien untersucht. Im Folgenden sollen einige Kulturen vorgestellt und mögliche Vor- und Nachteile abgewägt werden.

Hirse

Hirse wird in einigen der trockensten Regionen der Welt angebaut, wo sie eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel darstellt. Hierzulande könnte vor allem der Anbau von Sorghum- oder Rispen-Hirse ein wirtschaftliches Potenzial bieten. Sorghum-Hirse wird momentan vor allem als Ersatz für Biogasmais angebaut. Beide Kulturen besitzen ein vergleichbar hohes Wachstumspotenzial. Mit Sorghum-Hirse können jedoch bei Trockenheit höhere Biomasseerträge als mit Mais erzielt werden. Rispen-Hirse ist aufgrund des hohen Methionin-Gehaltes besonders interessant für die Biofütterung, insbesondere in der Geflügelhaltung. Mit herkömmlichen ökologischen Futtermitteln kann der Methionin-Bedarf oftmals nicht gedeckt werden, weswegen Rispen-Hirse in Zukunft eine gefragte Kultur werden könnte, um die im Ökolandbau angestrebte 100-Prozent-Bio-Fütterung zu ermöglichen. Ein bedeutender Nachteil beider Hirse-Sorten ist die geringe Frosthärte. Es sollte deswegen ein möglichst später Aussaattermin gewählt und kältetolerante Arten bevorzugt werden.

Quinoa

Obwohl er ursprünglich aus den Anden stammt und eher in wärmeren Gebieten angebaut wird, ist der Anbau von Quinoa auch unter deutschen Klimabedingungen möglich. Nachdem erste Hindernisse wie die Schaffung verarbeitender Infrastrukturen aus dem Weg geräumt wurden, gibt es bereits einige Betriebe, die das Produkt auch in Deutschland anbauen. Quinoa benötigt während der Vegetationszeit nur ein Drittel so viel Wasser wie Weizen und kann deswegen auch in trockenen Jahren gute Erträge verzeichnen. Auch wenn es sich momentan noch um ein Nischenprodukt handelt, wächst der Markt stetig. Das liegt vor allem an den positiven Eigenschaften von Quinoa als Nährstoff- und Energielieferant, welche besonders für eine vegane Ernährungsweise von hoher Bedeutung sind.

Aprikosen

Die meisten Aprikosensorten sind an ein trockenes, warmes Klima angepasst und werden deswegen vor allem in der Türkei, Spanien, Italien, aber auch in Österreich und der Schweiz angebaut. Seit einigen Jahren kommen auch immer mehr Anbaugebiete in Deutschland dazu und durch die steigenden Temperaturen gibt es sogar schon Landwirte im hohen Norden die Aprikosenbäume anbauen. Da die Aprikose eine der am frühesten blühenden Kulturarten ist, besteht jedoch eine regelmäßige Gefährdung des Ertrags durch anhaltenden Frost. Alte regionale Sorten sollen Studien zufolge besser mit Minustemperaturen im Frühjahr zurechtkommen. Manche von ihnen konnten zum Beispiel in der Vergangenheit 25 % unbeschädigte Blüten aufweisen, welche immer noch für einen vollen Ertrag reichen. Diese Sorten erreichen jedoch in der Regel keine Normgrößen und sind schwieriger zu bewirtschaften als andere Sorten. Der Anbau einer Vielfalt an Sorten könnte hier erneut Abhilfe schaffen und das Risiko von Totalverlusten minimieren.

Diversifizierung der Anbaukulturen

Der Anbau vieler unterschiedlicher Kulturen kann im Hinblick auf die Auswirkungen des Klimawandels aus vielen Gründen Sinn ergeben. Wie schon bei den unterschiedlichen Sorten, reduziert auch eine Diversifizierung der Anbaukulturen das Risiko von Totalverlusten und kann neben wetterbedingten Ertragsschwankungen auch Verluste durch Schädlinge und Krankheiten reduzieren. Eine Diversifizierung der Fruchtfolge durch Zwischenfrüchte unterstützt weiterhin die Bildung einer natürlichen Humusschicht, was sich positiv auf die Wasserspeicherkapazität des Bodens und die Gesundheit der Pflanzen auswirken kann. Weitere Formen der Diversifizierung der Anbaukulturen sind zum Beispiel der Anbau von Untersaaten oder die Erhöhung der insgesamt angebauten Kulturen auf der Ackerfläche.

Herausforderungen

 

Wenngleich die genannten Optionen vor allem im Hinblick auf die Auswirkungen des Klimawandels Chancen bieten, landwirtschaftliche Erträge zu stabilisieren, so bringen sie auch einige Herausforderungen mit sich. Ob sich der Anbau alternativer Kulturen wirklich lohnt, hängt zum Beispiel nicht nur von den Standortbedingungen, sondern auch von vielen anderen Faktoren, wie der Marktnachfrage oder dem Vorhandensein verarbeitender Infrastrukturen ab. Weiterhin bedarf der Anbau neuer Kulturarten eine Auseinandersetzung mit den Anforderungen der Pflanzen an den Standort, den Düngebedarf oder den optimalen klimatischen Bedingungen. Dieses Wissen ist bei fest in der Fruchtfolge etablierten Kulturen bereits vorhanden, weswegen eine Umstellung zunächst wenig attraktiv erscheinen kann. Eine Ausweitung der insgesamt angebauten Kulturen kann weiterhin einen steigenden Einsatz von Arbeitskräften und zusätzlichen Maschinen erfordern, welcher unter vorherigen Bedingungen nicht notwendig war. In Anbetracht der Lage und den auf uns zukommenden Risiken scheint eine Anpassung der Anbaukulturen jedoch unausweichlich, um katastrophale Ernteverluste zu vermeiden.