Wurzelexsudate im Überblick

 

Wie wäre es, wenn die winzigen Wurzeln von Pflanzen nicht nur Nährstoffe aufnähmen, sondern auch ihre Umwelt aktiv gestalten könnten? Tatsächlich geben Pflanzen bis zu 40 % ihrer erzeugten Energie in Form von Wurzelexsudaten an den Boden ab, um das Bodenleben zu fördern und sich selbst zu schützen. Diese faszinierende Strategie könnte der Schlüssel zu gesünderen Böden, höheren Erträgen und einer nachhaltigeren Landwirtschaft sein – lerne hier, wie du sie auf deinem Betrieb nutzen und fördern kannst.

 

Kernaussagen 

 

Zuallererst: Was sind Wurzelexsudate?

Als Wurzelexsudate werden verschiedene organische Verbindungen, wie Zucker und Aminosäuren, aber auch organische Säuren, Hormone und Vitamine bezeichnet, die durch die Pflanzenwurzel an den Boden abgegeben werden. Welche Stoffe in welchem Umfang abgegeben werden, hängt ab von:

Große Anteile der von Pflanzen gebildeten Assimilate werden in Form von Exsudaten in den Wurzelraum abgegeben. Bei Jungpflanzen sind es 30 bis 40 %, später immerhin noch fünf bis 21 %. Welche Vorteile ziehen die Pflanzen also daraus einen so hohen Anteil ihrer gebildeten Assimilate wieder abzugeben?

 

Effekte von Wurzelexsudate auf Boden, Umwelt und Betrieb

Nun da geklärt ist, was Wurzelexsudate sind, ist es interessant zu beleuchten, welche Effekte sie auf den Boden, die Umwelt und den Betrieb haben:

1. Interaktion mit Bodenorganismen

Wie stark die Pflanzenwurzeln mit den Mikroorganismen im Boden interagieren, hängt davon ab, wie viele Wurzelexsudate über die Zeit abgegeben werden und in welchem Raum dies geschieht. Entscheidend ist vor allem die Ausbildung von Wurzelhaaren. Die Wurzelhaare ermöglichen nicht nur eine weitere Ausdehnung in der Rhizosphäre, sondern tragen auch zu einer deutlich gesteigerten Wurzelexsudation bei, womit auch mehr Kohlenstoff in den Boden transportiert wird.

Die Infektion mit Mykorrhiza wird ebenfalls durch die Wurzelexsudate gefördert. Die Mykorrhiza geben wiederum auch Exsudate ab, vor allem Glomalin. Glomalin ist ein Glykoprotein, das als natürlicher Klebstoff die Bodenpartikel zusammenhält und somit einen positiven Einfluss auf die Bodenstruktur hat. Zudem trägt die Mykorrhiza-Infektion zur Erschließung neuer Nährstoffquellen bei.

Freigelegte Pflanzenwurzeln mit gebildeten Knöllchen

 

2. Einfluss auf den Wassergehalt des Bodens

Zu den Wurzelexsudaten gehört auch die Mucilage. Dieser schleimartige Stoff kann große Mengen Wasser im Boden halten. Die erhöhte Bodenfeuchte ermöglicht der Pflanze eine weitere Ausdehnung in der Rhizosphäre, sodass auch in trockenen Zeiten tieferliegende, wasserführende Bodenschichten erschlossen werden können. Der Bodenwassergehalt hat aber auch einen entscheidenden Einfluss auf die Phosphataseaktivität und damit auf die Verfügbarkeit von Phosphor im Boden.

Mucilage ist ein Schleimstoff, der von Pflanzen produziert wird und Wasser speichern kann.

 

3. Einfluss auf die Nährstoffverfügbarkeit 

Bei Phosphatmangel ist die Wurzelexsudation ebenfalls erhöht. Über die Wurzelhaare werden Phytasen abgegeben, welche organisch gebundenes Phosphat in lösliche, anorganische Phosphor-Verbindungen umwandeln. Aber auch durch die gesteigerte Mykorrhizierung wird unter anderem die Phosphorverfügbarkeit verbessert.

Phosphor ist für viele Pflanzenfunktionen notwendig.

Auf alkalischen Böden kann auch Eisenmangel zum Problem werden. Dikotyle Pflanzen sind in der Lage mit ihren Wurzelexsudaten Cumarin-Derivate abzugeben. Dies sind sekundäre Pflanzenstoffe, die schwerlösliches Eisen mobilisieren können. Welche Cumarine abgegeben werden, steuert die Pflanze je nach Bodenbedingungen und pH-Wert. Auch bei Zink- und Manganmangel können bestimmte Aminosäuren ausgeschüttet werden, die sich wie Chelate verhalten und so die Freisetzung der Nährstoffe ermöglichen.

Chelate helfen bei der Aufnahme von Nährstoffen

 

4. Interaktionen mit Schadorganismen

Die Interaktion mit Bodenorganismen hat jedoch nicht nur positive Auswirkungen. Neben den positiven Wechselwirkungen mit Mykorrhiza, Rhizobien und wachstumsfördernden Wurzelbakterien entstehen auch Wechselwirkungen mit parasitischen Pflanzen, Krankheitserregern und Nematoden

Bei Angriffen durch Schaderreger werden aber auch verstärkt Abwehrstoffe über die Wurzeln ausgeschüttet. Der Botenstoff Methyljasmonat sorgt bei vielen Pflanzenarten für die Ausschüttung spezifischer Abwehrstoffe, wie Rishitin bei Kartoffeln oder Scopoletin bei Tomaten. Bei Befall mit dem Maiswurzelbohrer produziert die Maispflanze Wurzelexsudate, die nützliche Nematoden anlocken, welche die Larven des Maiswurzelbohrers befallen.

Neben Interaktionen mit Mikroorganismen finden auch Interaktionen mit anderen Pflanzen statt. Die Zusammensetzung der Enzyme in den Exsudaten verändert sich, wenn die Wurzeln zweier Arten aufeinandertreffen. Bei Neophyten findet diese Reaktion nicht statt. Häufig enthalten die Wurzelexsudate auch Strigolactone, welche parasitische Pflanzen der Gattung Striga anlocken. Striga-Arten sind parasitische Pflanzen, die derzeit vor allem in Afrika, unter anderem im Sorghumanbau, zu großen Ertragsverlusten führen. Die Strigolactone fördern aber auch die Besiedlung mit Mykorrhiza, die ihrerseits die Keimung der Striga-Samen unterdrücken.

 

5. Einfluss auf die C-Sequestrierung im Boden

Eine Untersuchung konnte zeigen, dass Wurzelexsudate mit einem weiten C/N-Verhältnis zu einer Erhöhung der mikrobiellen Biomasse im Boden in Verbindung mit geringeren Kohlenstoffdioxid-Emissionen beitragen. Infolgedessen steigt die anabole Aktivität im Boden und mehr Kohlenstoff kann im Boden gespeichert werden. Wurzelexsudate mit weiten C/N-Verhältnissen führen hingegen zu einer gesteigerten Kohlenstoffdioxid-Emission aus landwirtschaftlichen Böden. Die Ursache hierfür ist die gesteigerte mikrobielle Aktivität durch die leicht verfügbaren Pflanzenexsudate. Dies führt wiederum zu einer schnelleren Mineralisierung der organischen Bodensubstanz. Inwiefern diese Erkenntnisse genutzt werden können, muss nun weiter untersucht werden.

 

6. Einfluss auf das Pflanzenwachstum und Erträge 

Wurzelexsudate können einen positiven Einfluss auf das Pflanzenwachstum und die Erträge haben, da die Bestandteile der Wurzelexsudate in Zusammenhang mit der mikrobiellen Population, insbesondere den pflanzenwachstumsfördernden Rhizobakterien (PGPR), stehen. Das bedeutet, sie fördern das Wachstum nützlicher Mikroorganismen in der Rhizosphäre, die Nährstoffe mineralisieren und dadurch für die Pflanzen verfügbar machen. Dies verbessert die Nährstoffaufnahme, insbesondere von schwer verfügbaren Nährstoffen wie Phosphor und Eisen. Außerdem steigern Wurzelexsudate die Bildung von Mykorrhiza-Symbiosen, die die Wasser- und Nährstoffaufnahme der Pflanzen weiter verbessern. Zusätzlich erhöhen bestimmte Exsudate die Bodenfeuchtigkeit und verbessern die Bodenstruktur, was zu einer besseren Wurzelentwicklung führt. Insgesamt resultiert dies in einem gesünderen Pflanzenwachstum und höheren Erträgen.

 

Wie kann die Wurzelexsudation gezielt gefördert werden?

Die gezielte Förderung der Wurzelexsudation kann durch eine Vielzahl von Methoden und Praktiken erreicht werden, die sowohl die Pflanzenphysiologie als auch die Bodenbedingungen optimieren. Hier sind einige Ansätze:

1. Optimierung der Bodenstruktur

Eine gute Bodenstruktur mit ausreichender Porosität fördert die Wurzelentwicklung und die Exsudation. Praktiken mit  minimalem Bodeneingriff (No-Till oder Strip-Till), die Verwendung von Kompost und die Anwendung von Zwischenfrüchten und/oder Untersaaten können die Bodenstruktur verbessern. 

Auch ein optimaler Feuchtigkeitsgehalt im Boden ist entscheidend. Ein erhöhter Humusgehalt kann dazu beitragen, dass Wasser länger im Boden gespeichert wird. 

Humus beeinflusst die Bodenstruktur und kann somit Wasser speichern.

2. Förderung der Bodenorganismen 

Die gezielte Inokulation des Bodens mit Mykorrhiza-Pilzen kann die Symbiose zwischen Pflanzen und Pilzen fördern, was wiederum die Exsudation erhöht. Ebenfalls kann die Anwendung von Präparaten mit nützlichen Mikroorganismen die mikrobiologische Aktivität im Boden steigern und somit die Exsudation fördern.

 

3. Pflanzenernährung 

Eine ausgewogene Versorgung mit Makro- und Mikronährstoffen unterstützt das Pflanzenwachstum und die Exsudation. Besonders Phosphor, Stickstoff und Kalium sind wichtig. Der Einsatz von Biostimulanzien, wie Huminsäuren, Fulvinsäuren und Algenextrakten, kann die Wurzelentwicklung und Exsudation stimulieren.

 

4. Fruchtfolge

Der Anbau von Zwischenfrüchten und Untersaatenkann den Boden schützen, die Struktur verbessern und die Exsudation fördern. Eine gut geplante Fruchtfolge kann die Bodengesundheit und die Exsudationsrate unterstützen.

 

5. Reduzierung von Stressfaktoren

Eine effektive Schädlingsbekämpfung verhindert Stress und fördert ein gesundes Pflanzenwachstum, was die Exsudation positiv beeinflusst. Auch Maßnahmen zur Reduzierung von abiotischem Stress (beispielsweise Hitze, Trockenheit) unterstützen die Pflanzengesundheit und die Exsudation.

 

6. Förderung der Wurzelentwicklung 

Maßnahmen, die das Wachstum von Wurzelhaaren fördern, können die Exsudation steigern. Dies kann durch direkt durch spezifische Nährstoffapplikationen oder biostimulierende Mitte oder indirekt durch eine begünstigende Bodenstruktur und -ökologie mit zum Beispiel genügend Regenwurmgängen erreicht werden.



Wurzelexsudate und Regenerative Landwirtschaft 

Ausgeprägte Wurzelsysteme und Wurzelexsudate sind von großer Bedeutung für die Regenerative Landwirtschaft, da sie durch eine verbesserte Nährstoffaufnahme den Input an Düngemitteln reduzieren können. Durch die natürliche Förderung des Bodenlebens und die verbesserte Nährstoffverfügbarkeit können Pflanzen gesünder und widerstandsfähiger wachsen. Dies führt zu einer geringeren Abhängigkeit von externen Betriebsmitteln und stärkt das ökologische Gleichgewicht im Boden. Gleichzeitig unterstützen Exsudate die natürliche Abwehrkraft der Pflanzen gegen Schädlinge, was den Bedarf an Pflanzenschutzmitteln senkt. 

 

Welche praktischen Methoden gibt es, um Mykorrhiza im Boden zu etablieren?

Wurzelexsudate stellen schnell verfügbare Nährstoffe für Mikroorganismen dar. Dies ist die Erklärung für eine vermehrte Aktivität von Mikroorganismen in der Rhizosphäre. Vor allem eine Infektion mit Mykorrhiza wird durch eine starke Wurzelexsudation gefördert. Die Pflanze profitiert von der Interaktion mit den Mikroorganismen durch die durch Mineralisation freiwerdenden Nährstoffe. Andersherum können auch Mikroorganismen die Wurzelexsudation stimulieren.

 

1. Direkte Inokulation:

 

2. Bodenbearbeitung und Pflanzenschutz:

 

3. Untersaaten und Zwischenfrüchte:

Zwischenfrucht mit verschiedenen Pflanzen auf dem Feld

 

4. Organische Düngung und Kompost:

 

5. Bodenverbesserung:

 

6. Förderung der Bodengesundheit:




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Fazit

Die Erforschung von Wurzelexsudaten zeigt, wie Pflanzen durch die Abgabe von Nährstoffen an den Boden ihre Umwelt aktiv beeinflussen und verbessern können. Diese natürlichen Prozesse fördern nicht nur die Bodenfruchtbarkeit und das Pflanzenwachstum, sondern stärken auch die Widerstandskraft gegen abiotischen Stress und Schädlinge. Durch gezielte Maßnahmen wie die Wahl geeigneter Pflanzenarten, den Einsatz von Mykorrhiza-Inokulanten und die Verbesserung der Bodenstruktur können Landwirte diese Vorteile nutzen und ihre Erträge steigern.

Langfristig können diese Methoden nicht nur zu höheren Erträgen und gesünderen Pflanzen führen, sondern auch zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft beitragen, die den Boden und das Klima schützt. 

 

FAQs

Was sind Wurzelexsudate und warum sind sie wichtig?

Wurzelexsudate sind organische Verbindungen, die Pflanzen über ihre Wurzeln abgeben, um das Bodenleben zu fördern und Nährstoffe verfügbar zu machen. Sie verbessern die Bodenfruchtbarkeit und stärken die Pflanzen gegen abiotischen Stress und Schädlinge.

Wie können Wurzelexsudate die Nutzung von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln reduzieren?

Durch die natürliche Aktivierung von Mikroorganismen und die verbesserte Nährstoffverfügbarkeit machen Wurzelexsudate Pflanzen gesünder und widerstandsfähiger. Dies verringert den Bedarf an chemischen Dünge- und Pflanzenschutzmitteln.

Welche Rolle spielen Mykorrhiza in Verbindung mit Wurzelexsudaten?

Mykorrhiza-Pilze profitieren von den Exsudaten und verbessern im Gegenzug die Nährstoff- und Wasseraufnahme der Pflanzen. Diese symbiotische Beziehung erhöht die Bodenfruchtbarkeit und Pflanzengesundheit.