Winter in Deutschland - Teil 1

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Die Bedeutung von Frost für Boden und Pflanze

Es ist Winter in Deutschland. Eine scheinbar unbedeutende Zeit aus pflanzenbaulicher Sicht. Eisige Kälte und schneebedeckter Boden erwecken nicht den Eindruck, dass viel auf den Äckern passiert. Die kalte Jahreszeit hat jedoch eine große Bedeutung für die Böden und das Gelingen der Kulturen im Folgejahr. Besonders der Frost ist ein wichtiger Begleiter. Im ersten Teil dieses Beitrags zeigen wir, wo der Winter auf dem Acker eine große Rolle spielt und welche Auswirkungen die Kälte hat. Im zweiten Teil geht es um die voraussichtlichen klimatischen Veränderungen durch den Klimawandel und dessen Einfluss auf die Vegetation.

 

Kältereiz für Getreide

Eine entscheidende Rolle spielt die Kälte zum Beispiel bei Wintergetreide, welches von der sogenannten Vernalisation abhängig ist. Anders als bei Sommergetreide braucht es bei Winterweizen, -gerste und Co. einen Kältereiz, um im Folgejahr mit der Blüten- und Samenbildung zu beginnen.

Mit abnehmender Tageslänge im Herbst beginnt das Wintergetreide daher mit der Bildung schosshemmender Stoffe. Diese unterdrücken das generative Wachstum der Pflanze und vermindern damit das Auswinterungsrisiko. Durch anhaltende kalte Temperaturen baut die Pflanze die schosshemmenden Stoffe wieder ab. Dafür benötigt die Kultur Temperaturen zwischen 0 und 8 °C, welche je nach Vernalisationsanspruch der Sorte zwischen 40 und 50 Tage nicht überschritten werden dürfen. Sobald der Vernalisationsanspruch erfüllt ist, geht die Pflanze im Frühjahr in die Schossphase. Bei Sorten mit hohem Kältereizanspruch sorgt intensive Kälte für ein frühes Wachstum der Ährchenanlagen. Ein milder Winter kann daher zu einer unzureichenden Ährchenbildung der Pflanzen führen und somit auch zu Ertragseinbußen.

Ähnlich wie der Kältereiz spielt auch die Tageslänge eine entscheidende Rolle bei der Wachstumsregulation. Da diese Regulation nicht von jährlich wechselnden Umwelteinflüssen abhängig ist, sondern auf dem Verlauf der Erde zur Sonne basiert, ist sie mit einem wesentlich geringerem Anbaurisiko verbunden. Deshalb werden neuere Sorten verstärkt auf die Regulation durch die Tageslänge gezüchtet.

 

Frostgare

Der Boden profitiert ebenfalls von der Kälte. Bei Minusgraden erfährt er eine sogenannte Frostsprengung, welche positive Effekte auf die Bodenstruktur und -fruchtbarkeit hat.

Dabei gefriert das Wasser, welches sich in den Bodenporen befindet. Die Poren dehnen sich aus und große Erdklumpen werden zu kleineren Aggregaten gesprengt. Diese feinkrümelige Bodenstruktur hat mehrere Vorteile. Zum einen können sich Pflanzenwurzeln und Mikroorganismen im Boden leichter verbreiten. Dies hat auch positive Auswirkungen auf die Humusbildung. Zum anderen verringert es den Kraftaufwand, der im Frühjahr für Bodenbearbeitungen notwendig ist, da Verdichtungen zum Teil gelöst wurden.

Langanhaltender Frost kann allerdings auch zur Gefahr werden. Über entstandene Bodenspalten kann der Frost kleine Haarwurzeln erreichen und sie verletzen. Davor kann eine Schneedecke auf dem Boden schützen. Sie dient als Isolierung und verhindert, dass die Kälte zu tief in den Boden gelangt. Ebenfalls bewahrt sie den Boden davor, seine Restwärme zu verlieren.

Ist der Boden erst einmal gefroren, lässt er sich auch befahren. Im frühen Winter können so zum Beispiel letzte Maisbestände abgeerntet werden. Wenn in einem nassen Herbst die Befahrbarkeit nicht gegeben ist, kann ein starker Kälteeinbruch helfen, die letzten Bestände zu ernten. Auf gleiche Weise können Nachtfröste hilfreich zum Frühlingsbeginn sein. Wer bereits Dünger ausbringt, kann so tiefere Fahrspuren in den Beständen verhindern.

 

Zwischenfrüchte

Zwischenfrüchte haben viele positive Effekte. Sie sorgen für fruchtbaren Boden und halten wichtige Nährstoffe für die Folgekultur. Abgestorbene Zwischenfrüchte hinterlassen im Winter eine schützende Pflanzendecke auf dem Boden. Wer nicht-winterharte Zwischenfrüchte anbaut, ist somit auch auf den Frost angewiesen. Die Minustemperaturen sorgen dafür, dass Zwischenfrüchte, welche im Sommer oder Herbst gesät wurden, im Winter absterben. Die dauerhafte Bedeckung des Bodens mit Pflanzenresten schützt nicht nur vor Erosion, sondern auch vor Frost.

 

Insekten

Kalt wird es im Winter auch den Insekten. Die Nützlinge und Schädlinge haben sich allerdings über Jahrmillionen den eisigen Temperaturen angepasst und Wege gefunden, den Winter zu überleben. Die meisten Insekten befinden sich im Winter in einer Entwicklungsruhe. Ihr Stoffwechsel wird dabei stark reduziert und ihr Blut wirkt wie eine Art Frostschutzmittel, was sie vor dem Erfrieren schützt. Ebenso schützen sie sich, indem sie sich Verstecke suchen, an denen sie der Kälte weniger ausgesetzt sind. Bei besonders kalten Wintern können Populationen jedoch stärker zurückgehen. Dann ist das Wetter nach der Winterruhe entscheidend, um die Defizite wieder aufzuholen.

 

Fazit

So spielt die Kälte im Winter eine große Rolle für den Ackerbau und stellt die Weichen für eine erfolgreiche Ernte im Folgejahr. Wie sich der Winter in Deutschland in Zukunft durch den Klimawandel verändern könnte und welche Auswirkungen das auf die Landwirtschaft hat, erfährst du im zweiten Teil des Beitrags.