Weniger Bodenbearbeitung - mehr Leben?

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In diesem Artikel geht es um die Auswirkung von intensiver und konservierender Bodenbearbeitung auf das Bodenleben und die Bedeutung des Bodens sowie die im Boden lebenden Organismen auf unser Ökosystem. 

 

Boden - ein Netzwerk

Bodenorganismen, die unterirdisch leben, und oberirdische Pflanzen und Tiere bilden komplexe Nahrungsnetze und sind in hohem Maße miteinander verbunden. Die Ökosystemleistungen, die Bodenorganismen erbringen, sind von entscheidender Bedeutung für das Pflanzenwachstum und die Landwirtschaft. Dazu gehören Stoffumwandlungsprozesse, die Förderung der Bodenstruktur sowie die Regulierung des Wasserhaushalts und der Pflanzengesundheit. Ein gesunder und fruchtbarer Boden bildet die Basis für das Wachstum von Nutzpflanzen und die Nahrungsmittelproduktion.

Trotz ihrer Bedeutung für das Ökosystem und die Landwirtschaft hat das Bodenleben lange Zeit wenig Aufmerksamkeit in der Wissenschaft erhalten. Da die Artenvielfalt im Boden hoch und die Arten meist klein sind, sind bisher nur etwa ein Prozent der im Boden lebenden Arten bekannt. Dennoch ist die Biomasse des Bodenlebens mit circa 15 Tonnen pro Hektar in den gemäßigten Breiten höher als die des oberirdischen Lebens und spielt eine entscheidende Rolle für die Stabilität und Gesundheit der Ökosysteme. 

 

Was lebt im Boden? 

Böden sind Heimat zahlreicher Organismen, von Mikroben bis hin zu Pflanzen und Tieren. Es ist schwierig, eine klare Abgrenzung zwischen oberirdischem und unterirdischem Leben zu ziehen, da viele Arten in beiden Bereichen leben. Viele oberirdisch lebende Tiere nutzen den Boden zur Eiablage oder zur Überwinterung, bewegen sich aber hauptsächlich auf oder oberhalb der Bodenschicht. Unzählige Arten verbringen jedoch ihren gesamten Lebenszyklus unterhalb der Bodenoberfläche.

Die Bodenlebewesen können entweder anhand ihrer Artzugehörigkeit, ihrer Größe oder ihrer Funktionen im Ökosystem Boden eingeteilt werden. Zu den funktionellen Gruppen gehören beispielsweise Primärproduzenten wie Pflanzen und Algen. Sie werden von symbiontischen Organismen wie Mykorrhizapilzen oder stickstofffixierenden Rhizobakterien unterstützt. 

Zerkleinerer und Mixer wie Regenwürmer nehmen energiereiches organisches Material auf, zerkleinern es oder verfrachten es in tiefere Bodenschichten, wo es von Mikroorganismen abgebaut wird und die enthaltenen Nährstoffe wieder dem Kreislauf zugeführt werden. Daneben agieren räuberische Organismen auf verschiedenen Ebenen des Nahrungsnetzes und sorgen so dafür, dass alle Organismengruppen in optimalem Wachstumszustand und damit für das Gesamtökosystem produktiven Verhältnissen zueinander stehen. 

 

Bedeutung des Bodenlebens

Boden ist ein Verdauungs-, Speicher- und Immunsystem vieler Ökosysteme. Eine Studie der Europäischen Kommission schätzte die jährlichen Kosten für die technische Umsetzung der Funktionen von Boden und Organismen auf 38 Milliarden Euro. Die Biodiversität von Bodenorganismen bildet die Grundlage für fruchtbaren Boden und somit für das Leben an der Erdoberfläche und die Landwirtschaft. Boden- und oberirdische Biodiversität sind über Nahrungsnetze und Stoffkreisläufe verknüpft. Ein Verlust der Bodenfruchtbarkeit kann nicht durch Bodenbearbeitung oder Düngung ausgeglichen werden, jedoch können Bodenlebewesen durch schonende Bodenbearbeitung und ausgeglichene Düngergaben unterstützt werden.

 

Vergleich: intensiver und konservierender Bodenbearbeitung auf das Bodenleben

Die Art der Bodenbewirtschaftung beeinflusst die Regenwurmpopulation, wobei reduzierte Bearbeitungsintensität zu einem Anstieg führen kann. Die Bodenruhe und das Nahrungsangebot spielen dabei eine Rolle. Der "Lumbricus terrestris" profitiert besonders von Ernteresten an der Oberfläche. Der prozentuale Anteil der Regenwurmarten verändert sich ebenfalls bei Änderung der Bearbeitung. Konventionelle Bestellung begünstigt flach grabende Arten, Mulchsaat begünstigt "Lumbricus terrestris". Diese Gattung des Regenwurmes besitzt die Fähigkeit, Gänge in bis zu drei Meter Tiefe anzulegen.

Abbildung: Ergebnisse verschiedener Untersuchungen über den Einfluss von Direktsaat auf den Regenwurmbesatz (C.Sommer, et al., 1995) 

Eine reduzierte Bodenbearbeitung führt zu einer Zunahme der Humusansammlung und Bodenschichtung ähnlich wie Grünland, was zu einer verbesserten Bodenstruktur und einem verbesserten Wasserhaushalt führt. Regenwürmer profitieren stark von einer reduzierten Bodenbearbeitung mit erhöhter Population und Biomasse. Die mikrobielle Biomasse wird auch in den ersten 10 cm des Bodens erhöht, mit einer Verschiebung in Richtung Pilzzusammensetzung. Mykorrhizasporendichte und Artenvielfalt nehmen mit verminderter Bodenbearbeitung ebenso zu wie die Aktivität von Mikroorganismen. Käfer und Spinnen werden direkt durch Bodenbearbeitung getötet oder geschädigt, und ihr Lebensraum kann sich in reduzierten Bodenbearbeitungssystemen aufgrund des Vorhandenseins von Pflanzenresten und Zwischenfrüchten schneller erholen.

 

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Bodenaktivität und Regenwurmpopulation durch eine reduzierte Bodenbearbeitung positiv beeinflusst wird. Dies führt nicht nur zu einer Veränderung der Regenwurmarten, sondern auch zu einer verbesserten Bodenstruktur und mikrobiellen Aktivität. Diese tiefgrabenden Arten beziehungsweise die Gänge, die sie im Boden hinterlassen, bieten den Pflanzen die Möglichkeit, einfacher in die Tiefe zu gelangen, um sich Wasser und Nährstoffe besser erwachsen zu können. Darüber hinaus kann die schnelle Zersetzung von Ernteresten die Probleme durch die fehlende phytosanitäre Wirkung des Pfluges reduzieren.