Wasserzehrer Landwirtschaft? - Deutschland und die...

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Kurzgefasst

Der landwirtschaftliche Sektor gilt im weltweiten Durchschnitt als größter Wasserzehrer, denn um die Lebensmittelversorgung zu sichern, müssen zunächst die Qualität und Menge der Erträge gesichert werden. Ein Großteil der Länder der Welt, insbesondere besonders im globalen Süden, setzt regelmäßig bis zu ausschließlich auf die künstliche Bewässerung, um die Engpässe aus ausbleibenden Niederschlägen zu umgehen. Im weltweiten Vergleich kann Deutschland bislang noch einen Großteil des Wasserbedarfs der Landwirtschaft aus Niederschlägen decken, zukünftige Tendenzen zeigen jedoch, auch in unseren Breiten, wird die künstliche Bewässerung ein immer größeres Thema. Wie sich Deutschland bisher im weltweiten Vergleich des Wasserverbrauchs der Landwirtschaft schlägt, welche Gründe das hat und welche Länder besonders auf den Einsatz der künstlichen Bewässerung setzen, wird in diesem Artikel beschrieben. 

 

Landwirtschaftlicher Wasserverbrauch in Deutschland, Europa und der Welt

Weltweit werden durchschnittlich 70 % der Wasserentnahme für die Landwirtschaft verwendet. Dabei wird das Wasser aus erneuerbaren Ressourcen gewonnen. Das bedeutet jegliche Form der Süßwasserressource: Eis, Schnee, das Grundwasser und Oberflächengewässer. Weltweit stehen dabei 3 % des gesamten Vorrats als Süßwasser zur Verfügung, ganze 97 % werden vom Meerwasser der Erde eingenommen. Tatsächlich sind jedoch nur etwas über 30 % zugänglich, 67 % des Süßwassers sind in Form von Eis und Schnee gelagert.



Während im weltweiten Durchschnitt die Wasserentnahme des landwirtschaftlichen Sektors sehr hoch liegt, liegt der Anteil  am Gesamtwasserverbrauch in Deutschland und vielen Ländern Europas unter 25%. Dennoch gibt es auch in Europa und besonders im mediterranen Raum gegenüber den mitteleuropäischen Staaten wesentliche Unterschiede. Während in Deutschland nur knapp 2 % der Wasserentnahme für die Landwirtschaft anfallen, sind es in Spanien und Zypern über 60 %. Dies liegt an den auch in Europa stark variierenden klimatischen Verhältnissen. Ein Beispiel: außerhalb der Saison kommen die Erdbeeren im Supermarkt meistens aus Spanien, dabei kommen sie vor allem aus der Region Murcia, hier fällt jährlich jedoch so wenig Niederschlag, dass die Bewässerung aus dem Klarlauf von Kläranlagen, Wasserentsalzungsanlagen und Oberflächengewässern gespeist wird. Der Anteil des Wasserbedarfs der Pflanzen, der in Spanien tatsächlich durch das Regenwasser gedeckt wird, ist minimal.

Besondere Unterschiede sind darüber hinaus auch in weniger stark besiedelten Ländern zu erkennen, in denen das Verhältnis der Bevölkerung und somit Siedlungs- und Industrieverbrauch gegenüber dem landwirtschaftlichen Verbrauch gering sind. 

Insgesamt lag der Anteil der Landwirtschaft an der gesamten Wasserentnahme in Europa 2020 bei 22,5 %. Im weltweiten Vergleich zeigt sich, Industrieländer wie China und die USA sind enorme Wasserzehrer. Mit einer Wasserentnahme von 361,24 Milliarden m³ in China könnte Deutschland mehrere hundert Jahre auskommen. Trotz ihrer großen Fläche ist die Wasserentnahme unverhältnismäßig hoch, nicht zuletzt aufgrund klimatischer Gegebenheiten und der Wahl der Bewässerungstechnik. 

 

Wasserverfügbarkeit und -nutzung in Deutschland

Bislang können im noch humiden Klima Deutschlands 99 % des Wasserbedarfs der Landwirtschaft durch Regenwasser und somit Niederschläge gedeckt werden. Dennoch erfahren wir zunehmend andauernde Trockenperioden auch in Deutschland, weshalb viele landwirtschaftliche Betriebe in den Sommermonaten zunehmend mit den Kosten und dem Arbeitsaufwand der künstlichen Bewässerung zu kämpfen haben. 

Erfassungen des Deutschen Wetterdienstes zeigen, dass es tatsächlich im Durchschnitt geringfügig mehr regnet, allerdings verschieben sich die Niederschläge. Deutlich wird dabei: Im Sommer fällt circa 10 mm weniger Regen, im Winter dafür aber mit circa 50 mm deutlich mehr. Damit ändert sich nicht die Summe, sondern die Verteilung, wodurch der Niederschlag ausbleibt, wenn er am meisten benötigt wird. Hinzu kommen die starken regionalen Unterschiede in Deutschland. Aus Aufzeichnungen des Deutschen Wetterdienstes lässt sich erkennen, dass der westliche Teil des Landes von vergleichsweise mehr Regen (bis zu 300 mm) profitiert, während in Bundesländern wie Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg nur knapp 100 mm Regen im Frühjahr 2019 zur Verfügung standen. Hinzu kommt das Sickerungsverhalten und die Wasserhaltefähigkeit verschiedener deutscher Böden. Beispielsweise trifft man in Niedersachsen auf eher sandige Böden, die nur wenig bis keine Wasserhaltefähigkeit haben. 

Wie sich entsprechend der landwirtschaftlich genutzten Fläche der Bundesländer auch die zusätzliche Wasserentnahme unterscheidet, ist in der nachfolgenden Abbildung dargestellt. Dabei spricht man von Quell- und Grundwasserentnahmen, wenn die landwirtschaftlichen Betriebe das Wasser aus eigenen Brunnen oder aus nahegelegenen Oberflächengewässern beziehen. Bei der gesamten Eigengewinnung wird auch die Wasserentnahme aus der öffentlichen Wasserversorgung hinzugezählt.

Während sich durch die Folgen des Klimawandels die Menge über das Jahr kaum verändert und nur verschiebt, nimmt jedoch die Intensität einzelner Niederschlagsereignisse zu. Sie werden seltener, aber heftiger, wodurch der Boden oftmals keine Chance hat, das Wasser zu speichern, das auf ihn herabregnet. Stattdessen richtet der sogenannte Starkregen Schäden am Boden und an den Pflanzen an. Es kann zu Erosion und Beschädigung der Pflanzen kommen.

Die Variation der Regenereignisse und ihre ungleiche regionale und zeitliche Verteilung mit Tendenz zur weiteren “Verschlechterung” stellen landwirtschaftliche Betriebe vor die Herausforderung eine geeignete künstliche Bewässerung zu etablieren, die Kosten und Effizienz abwägt. 

 

Wo geht das Wasser in der Landwirtschaft hin?

Die Landwirtschaft unterscheidet sich vor allem in einem Punkt von der Industrie und anderen Wirtschaftszweigen: nur ein geringer Teil des Wassers wird über Getreide oder Gemüse vom Feld geholt. Alles weitere Wasser findet seinen Weg in den natürlichen Wasserkreislauf zurück. Beginnend mit dem Regen und der Bewässerung der Felder gelangt das Wasser zunächst auf und anschließend in den Boden und an die Pflanzenwurzeln. Während ein geringer Teil des Wassers oberflächennah abläuft, da er nicht rechtzeitig sickern kann, wird der Rest vom Boden aufgenommen und von den Pflanzen zum Nährstofftransport verwendet. Wasser, das in tieferen Bodenschichten sickert, trägt außerdem zur Grundwasserneubildung bei. Alles, was durch die Bodenverdunstung (Evaporation) und die Verdunstung über die Pflanzen (Transpiration) als Wasserdampf aufsteigt, endet schließlich wieder im Regen. Dabei wird letztlich bei der Ernte nur ein geringer Teil des Wassers im Stroh oder der Abfuhr des Gemüses oder Getreides aus dem Wasserkreislauf entnommen. 

Die nachfolgende Abbildung zeigt den Wasserkreislauf anhand eines durchschnittlichen jährlichen Niederschlags von 780 L/m² in Deutschland auf. 

Insgesamt werden im Schnitt so im Wasserkreislauf 40-45 % des aufgegebenen Wassers, zum Beispiel durch Niederschlag, durch pflanzliche Verdunstung erst genutzt und dann an die Atmosphäre abgegeben. 10-15 % können als Verluste betrachtet werden, die bei Regen bzw. der Bewässerung über Verdunstung aus dem Boden abgegeben werden. Letztlich werden 40-45 % des Wassers versickert oder laufen oberflächennah ab und werden zu Grundwasser angereichert. 

 

Obwohl das Wasser in der Regel seinen Weg zurück in den Wasserkreislauf findet, bedeutet dies nicht, dass der Reinheitsgrad des Wassers unverändert bleibt. Düngemittel, Pflanzenschutzmittel wie auch Boden können durch den Regen und die künstliche Bewässerung abgetragen werden. Gemäß des Wasserkreislaufs können diese (Schad-)Stoffe dann in Gewässer oder das Grundwasser gelangen und ihre Güte nachhaltig negativ beeinflussen. 

Daher ist es umso wichtiger, die Feldkapazität, den Wasserbedarf der Pflanze, die Bodenbeschaffenheit und die klimatischen Verhältnisse zu kennen und konsistent zu beobachten. Nur so können durch zusätzliche Bewässerung die Erträge maximiert werden und eine Verschwendung von Wasserressourcen verhindert werden.