Reduzierte Bodenbearbeitung - weniger ist mehr!

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Die Bodenbearbeitung in der Landwirtschaft beschreibt den Prozess von mechanischen Eingriffen in die oberen Schichten des Ackerbodens. Diese Eingriffe dienen der Verbesserung der Wachstumsbedingungen für die jeweiligen Kulturpflanzen. Solche mechanischen Eingriffe in das Bodengefüge können jedoch der Bodengesundheit langfristig schaden. In den letzten Jahrzehnten hat sich ein Trend entwickelt, das Feld für die Aussaat mit schonenderen Methoden vorzubereiten. Was genau die reduzierte bzw. konservierende Bodenbearbeitung ausmacht, welche Vor- und Nachteile sie mit sich bringt und welche erstaunlichen Ergebnisse bei langjährigen Feldversuchen erzielt wurden, erfährst Du in diesem Artikel.

 

Welche Arten der Bodenbearbeitung gibt es?

Grundsätzlich wird zwischen Grund- und Sekundärbodenbearbeitung unterschieden. Erstere beschreibt die Bearbeitung des Bodens in Tiefen von bis zu 30 cm und dient der Umwälzung, Einarbeitung von Unkräutern und Ernteresten sowie der gleichmäßigen Verteilung von ausgebrachten Düngemitteln im Boden. Letztere beschreibt die Bereitung des Saatbettes, wobei nur die ersten 10 cm aktiv bearbeitet werden. Diese Einteilung trifft auf das heutige Verständnis der “konventionellen” Bodenbearbeitung zu. Neben dieser gibt es weitere Ansätze mit ebenso verschiedenen Vor- und Nachteilen. Eine dieser Alternativen ist die konservierende oder reduzierte Bodenbearbeitung.

 

Was macht die konservierende Bodenbearbeitung anders?

Der Kernpunkt der konservierenden Bodenbearbeitung ist der Verzicht auf den Einsatz von bodenwendenden Landmaschinen, wie z.B. dem Pflug. Bei dieser nichtwendenden Bodenbearbeitung kommen daher Geräte, wie Flachgrubber, Scheibeneggen oder Fräsen zum Einsatz. Eine Liste der Maschinen, welche für eine reduzierte Bodenbearbeitung eingesetzt werden können, kannst Du in dem Artikel “Maschinen für eine reduzierte Bodenbearbeitung” nachlesen. Mit solchen Arbeitsgeräten wird der Boden nur oberflächlich bearbeitet, was eine Vielzahl von Vorteilen zufolge haben kann.

Betrachtet man verschiedene Bodenbearbeitungsmethoden, so muss man auch ein Auge auf die dazugehörigen Aussaatmethoden werfen. Darunter gibt es viele zu nennen, wie zum Beispiel die Mulchsaat, Streifensaat oder die Direktsaat. Alle beinhalten eine schonende oder reduzierte Bodenbearbeitung.

 

Nichts ist perfekt...

Auch das Konzept der reduzierten Bodenbearbeitung ist nicht perfekt und bringt einige Nachteile mit sich. Am offensichtlichsten sind die anfänglichen Ertragseinbußen. Während die Feldbearbeitung mit Pflug, kombiniert mit den dazugehörigen Arbeitsschritten, höhere Erträge erzielt, schneidet die reduzierte Bodenbearbeitung hier auf den ersten Blick schlechter ab. Zudem sorgt der intensive und tiefgründige Eingriff in den Boden dafür, dass alle Wachstumsprozesse unterbrochen werden - auch die unerwünschten, wie zum Beispiel Unkräuter. Diese werden durch das Wenden des Bodens im Wachstum gestört und somit beseitigt. Allerdings sind Nachbearbeitungen nötig, welche mit hohen Kosten und Belastungen für das Bodenleben einschlagen.

Das Fokussieren auf möglichst hohe Erträge wirkt sich negativ auf die Bodengesundheit aus. Zahlreiche Prozesse im Boden werden unterbrochen und es kann sich kein Nährstoffkreislauf im Boden etablieren. Zudem wird das Bodengefüge stark verändert, was sich durch eine vermehrt auftretende Verdichtung des Oberbodens äußert. Erosion und Verschlämmung sowie eine geringere Wasseraufnahme- und speicherfähigkeit sind nur einige der schweren Folgen.

Dadurch, dass sich kein funktionierender Nährstoffkreislauf entwickeln kann, ist eine kontinuierliche externe Nährstoffzufuhr notwendig. Das in diesem Fall notwendige, übermäßige Düngen der Böden birgt Risiken für die Bodengesudheit und die Umwelt mit sich. Der Boden wird nur passiv genutzt und kann sich kaum selbst regulieren und regenerieren. Der sogenannte “reine Tisch” ermöglicht schnell hohe Erträge, erfordert jedoch kontinuierliche Nachbearbeitungen, welche nicht auf Dauer aufrechtzuerhalten sind.

Die reduzierte Bodenbearbeitung, in Kombination mit den jeweiligen Aussaatmethoden, kann die Fähigkeit des Bodens, sich selbst zu regulieren, fördern. Das Bodenleben wird deutlich weniger gestört und es können sich nährstoffreiche Bodenschichten (Humus) bilden. Zusammen mit einer angepassten Fruchtfolge, kann der Boden dadurch im Stande sein, einen Nährstoffkreislauf zu entwickeln, welcher nicht auf eine externe Nährstoffzufuhr angewiesen ist. Die Bodengesundheit profitiert also stark von einer nicht-wendenden Bearbeitung des Bodens und somit auch die Pflanzen. Aber auch das Bodengefüge profitiert von diesem schonenden Ansatz. Durch weniger intensive Eingriffe kommt es zu geringeren Veränderungen der Bodenstruktur. Weniger Bodenverdichtung, eine bessere Durchlüftung, verbesserte Wasseraufnahme- und speichereigenschaften sind nur wenige von vielen positiven Effekten.

 

...doch die Vorteile überwiegen!

Ein von 1994 auf zehn Jahre ausgelegtes Projekt mit dem Namen “Ökologische Bodenbewirtschaftung (PÖB)” beschäftigte sich mit der Fragestellung, wie sich die reduzierte Bodenbearbeitung auf verschiedenste Parameter auswirkt. Die eingesetzten Grundbodenbearbeitungssysteme waren:

Dabei wurde das letzte Verfahren als konservierende Bodenbearbeitung angesehen. Als Versuchsort wurden Flächen in Rommersheim Rheinhessen gewählt, mit gemäßigten klimatischen Bedingungen. Die Versuchsfelder wiesen zum Teil stark erodierte Böden auf, welche “im Mittel [...] [einen] bis 100 cm mächtige[n] Lössboden aus schluffigem Lehm bis schluffigen Ton” aufwiesen. [1]

Auch nach Berücksichtigung der standortbedingten Variabilitäten zeigt der Vergleich der Bearbeitungsmethoden deutliche Unterschiede bezüglich der Nährstoffverfügbarkeit und dem Humusgehalt. Die nicht-wendende Bodenbearbeitung kann durch das Einarbeiten von organischem Material einen ausreichenden Nährstoffeintrag gewährleisten. Das organische Material wird humifiziert und es kann sich eine nährstoffreiche Humusschicht im Boden etablieren. Weitere Auswertungen brachten ein erhöhtes Bodenleben zum Vorschein. Es wurden mehr und aktivere Bodenmikroben sowie mehr Regenwürmer in den Versuchsfeldern festgestellt, welche die Bodengesundheit weiter fördern. Diese erhöhten Humusgehalte im Boden “können auf das reduzierte Wenden und eine verringerte Belüftung der Krume zurückgeführt werden”. [1]

Die wendende Bodenbearbeitung verringert das Bodenleben durch das stetige Eingreifen in das Bodengefüge, wodurch der Humusgehalt deutlich geringer ist als bei dem reduzierten Ansatz. Es muss eine externe Nährstoffzufuhr in Form von Düngung erfolgen, um das Pflanzenwachstum zu gewährleisten. Die Nährstoffverfügbarkeit ist demnach bei dem reduzierten Ansatz stetig gewährleistet, während bei der wendenden Bodenbearbeitung ein kontinuierlicher Wechsel zwischen Nährstoffaustrag durch die Ernte und Nährstoffeintrag durch Düngung bestehen bleibt.

Weitere Untersuchungen zeigten geringfügige Unterschiede im Bezug auf die Bodenchemie. So wurde festgestellt, dass bei nicht-wendender Bodenbearbeitung zwar keine großen Veränderungen bezüglich der Bodenchemie festzustellen waren, d.h. der pH-Wert zeigte geringe Schwankungen über die Versuchszeit auf.

Zudem kann das Kombinieren der reduzierten Bodenbearbeitung mit weiteren Maßnahmen und Arbeitsschritten (angepasste Fruchtfolge, Gründüngung, Rotationsbrache und Zwischenfruchtanbau) weitere positive Effekte zum Vorschein bringen. Bei Kombinierung der Maßnahmen können zum Beispiel “Bodenbelebung und -stabilisierung mit intensiver Durchwurzelung [...] relativ schnell verbessert werden.” [1]

 

Fazit

Abschließend kann also gesagt werden, dass auch nach Berücksichtigung aller variablen Einzelfaktoren (Standort, Klima, Fruchtfolge, Bodenart, etc.) die reduzierte Bodenbearbeitung gegenüber der konventionellen Methode langfristig besser abschneidet und mehr Vorteile mit sich bringt. Anfängliche Ertragseinbußen werden durch eine verbesserte Bodengesundheit, höhere Humusanteile im Boden sowie geringere Kosten für Düngung und Bodenbearbeitung kompensiert. 

Außerdem werden bei reduzierter Bodenbearbeitung weniger intensive und zeitaufwendige Arbeitsschritte benötigt. So wird Treibstoff und Arbeitszeit gespart. 

Wer bereit ist diese relativ geringen Kosten in kauf zu nehmen, kann mit Vorteilen für sein Feld, die darauf wachsenden Pflanzen sowie deren Umwelt rechnen. Reduzierte Bodenbearbeitung kann auch abseits vom Feld großes bewirken. Unsere anderen Artikel erzählen Dir, wie das Aufbauen eines humusreichen Ackerbodens durch reduzierte Bodenbearbeitung dem Klimawandel entgegenwirken kann.


[1]      C. Emmerling und U. Hampl, „Wie sich reduzierte Bodenbearbeitung auswirkt“, S. 6