Erfolgreiches Resistenzmanagement

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Die Vermeidung von Resistenzen gegenüber Pflanzenschutzmitteln ist eine der Hauptherausforderungen im Pflanzenschutz. Dabei gilt es, die immer spezifischer wirkenden Pflanzenschutzmittel so einzusetzen, dass die darin enthaltenen Wirkstoffe einem möglichst geringen Selektionsdruck ausgesetzt werden und somit ihre Wirksamkeit dauerhaft behalten. Denn es gibt nicht unendlich viele Wirkmechanismen, die als Ersatz genutzt werden können. In manchen Bereichen ist das Ende der Fahnenstange bereits erreicht.

Durch die Kenntnis des jeweiligen Resistenztyps und einem regelmäßigen Monitoring, sowie präventive Maßnahmen aus der regenerativen Landwirtschaft, können Resistenzen ferngehalten werden. In diesem Artikel werden Strategien vorgestellt, um in der landwirtschaftlichen Praxis Herbizid-, Insektizid- und Fungizidresistenzen entgegenzuwirken.

 

Die vier verschiedenen Resistenztypen

 

Einflussfaktoren auf die Resistenzentwicklung von Pathogenen

Ein wichtiger Einflussfaktor auf die Resistenzentwicklung ist die Biologie des Pathogens. Ein kurzer Lebenszyklus mit hoher Reproduktionsrate, eine polyzyklische Vermehrung, sexuelle

Rekombination, eine windbürtige Verbreitung und die Fähigkeit, die meisten Wachstumsstadien der Pflanzen infizieren zu können, führt häufig zu einem hohen Resistenzrisiko. Auch die agronomischen Rahmenbedingungen bestimmen die mögliche Verbreitung und Relevanz auftretender Resistenzen. Dazu zählen Umweltbedingungen, aber auch beeinflussbare Faktoren wie Standortwahl, Sortenwahl und Bestandesführung. Alle Faktoren zusammen determinieren das Risiko und die praktische Bedeutung einer Resistenzentwicklung für den Pflanzenschutz in einer Kultur. Schadorganismen können Resistenzen entwickeln, Pilze sind aufgrund ihrer meist polyzyklischen Vermehrung mit hoher Reproduktionsrate und ihrer oftmals weiträumigen Ausbreitung besonders prädestiniert.

Resistenzmanagement


Für ein effektives Resistenzmanagement sind die folgende Maßnahmen essentiell: 

 

Indirekter Pflanzenschutz durch die regenerative Landwirtschaft

Mikroorganismen steigern Resistenz von Pflanzen
Viele Methoden der regenerativen Landwirtschaft können indirekt und präventiv der Resistenzbildung entgegenwirken.

Zum Beispiel ist ein indirekter Schutz der Wirtspflanze gegenüber bodenbürtigen Schadpilzen durch die bakterielle Wurzelmikrobiota experimentell lückenlos belegt. Ohne bakterielle Pflanzenmikrobiota kann eine in natürlichem Bodensubstrat wachsende Pflanze nicht überleben. Generell sind wachstumsfördernde Mikroorganismen in der Rhizosphäre Bakterien, die die Pflanzen direkt oder indirekt in ihrem Wachstum stimulieren. Sie produzieren wachstumsstimulierende Phytohormone, welche die Nährstoffaufnahme von Pflanzen verbessern. Diese Mikroorganismen erhöhen die Resistenz der Pflanzen gegenüber Pathogenen, sodass chemische Pflanzenschutzmittel eingespart werden können.

In der regenerativen Landwirtschaft steht der gesunde, humusreiche und lockere Boden im Zentrum. Diese Eigenschaften des Bodens helfen allerdings nicht nur der Pflanze selbst, sondern fördern auch die Ausbreitung und Entwicklung der Mikroorganismen, die wiederum für die Pflanze arbeiten.

Neuere Studien zeigen, dass bestimmte Kombinationen von wenigen bodenbürtigen Bakterienarten durch Besiedelung der Wurzel von genetisch anfälligen Kulturpflanzen (zum Beispiel Zuckerrübe und Reis) im Feld eine robuste indirekte Resistenz der Wirtspflanze vermitteln können. Die Existenz von solchen „disease suppressive soils“ auf allen Kontinenten gegenüber allen geprüften bodenbürtigen Krankheitserregern von Pflanzen ist Beleg dafür, dass ein vorbeugender Pflanzenschutz durch die Wurzelmikrobiota im Feld praxistauglich werden kann. Dazu müssten die beteiligten Mikroben isoliert und gezielt auf die Pflanze bzw. deren Saatgut aufgebracht werden und das neue Habitat mittel- bis langfristig besiedeln.

 

Einfluss regenerativer Methoden auf Unkräuter

Ein weiterer Baustein im Resistenzmanagement ist die Bekämpfung herbizidresistenter Unkräuter durch kulturbedingte Praktiken wie den Anbau von Zwischenfrüchten. Dieser Ansatz konzentriert sich weitgehend auf oberirdische Prozesse, wie beispielsweise die Konkurrenz der Zwischenfrucht mit den Unkräutern um Nährstoffe, Licht und Wasser. 

Neben der Verwendung von mikrobiellen Präparaten zur Unkrautbekämpfung ist der Einsatz von regenerativen Strategien, die die Funktion des Mikrobioms zur Unterdrückung von Unkräutern verbessern, eine weitere Möglichkeit. In diesem Zusammenhang können Landwirte durch die Anreicherung von unkrauthemmenden Mikroorganismen unkrautunterdrückende Böden schaffen. So können beispielsweise regenerative Praktiken wie reduzierte Bodenbearbeitung, eine ausgewogene Fruchtfolge, Zwischenfrüchte und die Erhaltung eines hohen Anteils an organischer Substanz im Boden die Vielfalt der arbuskulären Mykorrhizapilze beeinflussen, die wiederum eine Reihe von Unkrautarten beeinflussen können.
Die Zugabe von Kohlenstoff oder die Einarbeitung von Pflanzenresten in den Boden ist eine weitere ackerbauliche Strategie, die im Rahmen eines mikrobiellen Unkrautbekämpfungskonzepts entwickelt werden kann. Bodenmikroorganismen reagieren auf Kohlenstoffzugaben schnell mit verstärktem Wachstum und erhöhen ihren Bedarf an Stickstoff, Phosphor und anderen limitierenden Nährstoffen. Diese Reaktion auf die erhöhte Kohlenstoffverfügbarkeit wird als Nährstoffimmobilisierung bezeichnet. Dies kann zum Beispiel ausgenutzt werden, um Unkrautpopulationen während kritischen Phasen zu bekämpfen oder Unkräuter, die bevorzugt auf sehr fruchtbaren Böden wachsen, zu limitieren.

 

Einfluss regenerativer Methoden auf Schädlinge

Ergebnisse einer Studie zeigten, dass auf mit Insektiziden behandelten Maisfeldern Schädlinge (am häufigsten Blattläuse) zehn-mal häufiger auftraten als in insektizidfreien regenerativen Betrieben, was darauf hindeutet, dass Landwirte, die proaktiv schädlingsresistente Lebensmittelsysteme entwickeln, besser abschneiden als Landwirte, die auf Schädlinge chemisch reagieren. 

Schädlingsprobleme in der Landwirtschaft sind häufig das Ergebnis einer geringen Artenvielfalt und einer einfachen Gemeinschaftsstruktur auf zahlreichen räumlichen Ebenen. Die Abundanz von Schädlingen ist in Maisfeldern geringer, wenn diese eine größere Insektenvielfalt, ein stärkeres biologisches Netzwerk und eine größere Gleichmäßigkeit der Gemeinschaft aufweisen.

Landwirte, die den Insektizideinsatz durch ackerbauliche Formen der Pflanzendiversifizierung ersetzten, durchweg weniger Schädlingsprobleme als jene mit strengen Monokulturen. Die Reduzierung der Insektenvielfalt und der alleinige Einsatz von Insektiziden führt zu einem Szenario, in dem Schädlinge fortbestehen und durch Anpassung wieder auftauchen.

Die Anwendung von Zwischenfrüchten, die Verlängerung von Fruchtfolgen, die Diversifizierung von Feldrändern durch diverse Blühmischungen und der Anbau von Untersaaten sind weitere agronomisch sinnvolle Praktiken, die in der regenerativen Landwirtschaft erfolgreich angewenden werden, um die Widerstandsfähigkeit ihres Systems gegen die Verbreitung von Schädlingen zu verbessern.

 

Einsparung von Pflanzenschutzmitteln

Biologische Schädlingsbekämpfung

Biologische Pflanzenschutzmittel sind sehr vielfältig, von Mikroben und Viren bis hin zu Pflanzenextrakten, Peptiden und RNA. Sie basieren auf natürlich vorkommenden Stoffen, die zur biotischen Stressbewältigung gegen Faktoren wie Krankheiten, Schädlinge und Unkräuter eingesetzt werden. Biologische Pflanzenschutzmittel können die Wirkung synthetischer Pflanzenschutzmittel ergänzen und verbessern und bieten mehr Auswahlmöglichkeiten, um Resistenzen zu kontrollieren und die Bodengesundheit zu verbessern. 

 

Resistenzzüchtung

Durch die gezielte Sortenwahl von neuen, mit besonders breiter und wirksamer Widerstandsfähigkeit gegen diverse Krankheiten ausgestatteten Sorten kann in vielen Fällen eine Fungizidmaßnahme eingespart werden. Das kann in Feuchtlagen beziehungsweise unter sehr intensiven Produktionsbedingungen die Reduktion von zwei auf eine Fungizidmaßnahme bedeuten. Neue Sorten sind hier besonders wertvoll, weil oft neue Resistenzquellen eingekreuzt wurden, die noch gut wirksam sind, was nach einigen Jahren breitem Anbau oft nicht mehr in gleichem Ausmaß gegeben ist.

 

Fazit

Resistenzmanagement kann und wird nicht das Erscheinen einer Resistenz in der

Praxis verhindern, aber es soll deren Ausbreitung verzögern, eine wirksame Krankheitsbekämpfung sicherstellen und entstehenden Schaden minimieren. In der Vergangenheit konnte durch Maßnahmen aufgrund gezielter Empfehlungen die Ausweitung und der Wegfall von Wirkstoffgruppen limitiert werden.

Neue Wirkstoffklassen stellen neue Werkzeuge für ein Resistenzmanagement bestehender Wirkstoffe dar und müssen so früh wie möglich hinsichtlich ihres Resistenzrisikos bewertet und in koordinierte Empfehlungen und Maßnahmen eingebettet werden.

Durch eine richtige Anwendung der Pflanzenschutzmittel und passendes Management von Fruchtfolge oder Bodenbearbeitung können Resistenzen vorgebeugt werden. Generell gelten Regeln wie Wirkstoffwechsel innerhalb der Saison, Teilflächenbehandlungen, multi-site anstelle von single-site und eine angepasste Aufwandmenge, bei der nicht gespart werden sollte.
Viele Methoden der regenerativen Landwirtschaft, wie Zwischenfrüchte, Untersaaten oder der Einsatz und Förderung von Mikroorganismen, können indirekt und präventiv der Resistenzbildung von Pathogenen und Unkräutern entgegenwirken. In der regenerativen Landwirtschaft ist die Gesundheit des Bodens ein zentrales Ziel. Mit steigender Bodengesundheit sinkt tendenziell der Bedarf an Pflanzenschutzmitteln, sodass eine Einsparung von chemischen Pflanzenschutzmitteln möglich gemacht wird.