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Die Landwirtschaft in Deutschland trägt maßgeblich zur Emission klimaschädlicher Gase bei. Dafür verantwortlich sind vor allem Methan-Emissionen aus der Tierhaltung (Fermentation und Wirtschaftsdüngermanagement von Gülle und Festmist) sowie Lachgas-Emissionen aus landwirtschaftlich genutzten Böden als Folge der Stickstoffdüngung (mineralisch und organisch). Den Hauptanteil an THG-Emissionen innerhalb des Landwirtschaftssektors machen die Methan-Emissionen mit 50,1 % im Schätzjahr 2020 aus. In diesem Artikel geht es um die Definition der Digitalisierung, die Geschichte zu erwähnen und die Risiken und die Vorteile zu präsentieren.
Befasst man sich mit der Frage, wie es in den nächsten Jahren mit der Landwirtschaft weitergehen wird, stößt man immer wieder auf den Begriff des „Digital Farming“ – der „digitalen Landwirtschaft“. Schauen wir uns zunächst den Begriff „Digitalisierung“ an. Er bedeutet, dass analoge Daten oder Werte in ein digital nutzbares Format umgewandelt und gespeichert werden. Beim „Digital Farming“ geht es nun darum, die landwirtschaftliche Produktion zunehmend mit digitalen Technologien zu verknüpfen mit dem Ziel, den Betrieb langfristig zu automatisieren.
Begonnen hat die digitale Zukunft auf den Bauernhöfen in Deutschland indessen bereits. Die Landwirtschaft ist sogar weiter digitalisiert als manch andere Branche: So waren Landwirte die Vorreiter bei der Nutzung von GPS-Daten, wodurch etwa für Erntefahrzeuge der Fahrweg optimiert werden und Treibstoff eingespart werden kann. Oder man denke an selbstfahrende Traktoren – diese sind auf dem Feld bereits seit längerem Realität, im Straßenverkehr dagegen bei weitem noch nicht. Auch Sensoren an den Traktoren, die Dünger und Pflanzenschutzmittel präzise am Bedarf der Pflanzen ausrichten und dosieren, sind im Ackerbau schon realisiert.
Die Viehhaltung macht sich Melkautomaten, Fütterungssysteme, die sich auf jede einzelne Kuh individuell einstellen oder Stallroboter, die das Ausmisten übernehmen, zunutze. Sogar Geräte mit Sensoren, die die Inhaltsstoffe der Milch und den Gesundheitszustand der Kühe analysieren und direkt melden, gibt es bereits.
Und auch bei Biogasanlagen, die viele Landwirte als weiteres Standbein nutzen, hat die Digitalisierung Einfluss: Beispielsweise sind inzwischen Reparaturen per Fernzugriff möglich, vorausschauende Analysetools errechnen und empfehlen den nächsten Termin, um etwa Zündkerzen frühzeitig auszuwechseln, damit Schäden an den Maschinen von vorneherein verhindert werden.
Allerdings wird nicht nur die Industrie durch moderne Informations- und Kommunikationstechnik gerade radikal verändert. In der Landwirtschaft geht die Entwicklung in die gleiche Richtung. Statt bei den Tieren, halten Landwirte sich vermehrt im Büro auf, ohne Smartphone in der Tasche und Tablet im Traktor geht inzwischen nichts mehr. „Landwirtschaft 4.0“ ist der Megatrend im Agrarwesen, Digitalisierung das Schlagwort der Stunde. Wie kann man sich die Zukunft der Landwirtschaft konkret vorstellen?
Keine allzu ferne Zukunftsmusik mehr ist Augmented Reality, womit per Smartphone oder Tablet und entsprechender App tiefere Einsichten beispielsweise in die verschiedenen Schichten eines Ackers ermöglicht werden. Auf vielen Bauernhöfen könnte eine flexibilisierte Biogasanlage stehen. Diese sind heute schon ein wesentlicher Teil der Stromversorgung in Deutschland. Experten schätzen flexibilisierte Biogasanlagen zudem als Schlüsselfaktor der Energiewende ein und als effiziente Maßnahme, um die Erderwärmung unter zwei Grad zu halten.
Die technische Weiterentwicklung ist Segen und Fluch zugleich. Wie werden sich die bisherigen Tätigkeiten durch immer mehr Computer und Technik verändern? Woher kommen die Fachkräfte, die diesen veränderten Jobs gewachsen sind? Es herrscht ohnehin schon Nachwuchsmangel, die Landwirte selbst wissen bereits nicht mehr, wie sie die immer größeren Betriebe managen sollen. Die Digitalisierung muss deshalb helfen, die Betriebe effizienter zu machen und Kosten zu senken, außerdem, müssen sich Landwirte verstärkt mit der digitalen Welt, um die immer komplexer werdenden Anforderungen zu meistern.
Als weiteres großes Risiko, das die Digitalisierung mit sich bringt, beurteilen deutsche Landwirte die Datensicherheit. Wer die Daten eines landwirtschaftlichen Betriebes kennt, kann gerade in vor- oder nachgelagerten Bereichen wie etwa der Milchindustrie verstärkten Druck in Preisverhandlungen machen. Auch die behördliche Kontrolle könnte durch „Big Data“ zunehmen – das Stichwort „gläserner Betrieb“ geistert vielerorts durch die Branche.
Schließlich ist auch die Betriebssicherheit ein Aspekt, der zum Risiko werden kann. Solange das System reibungslos läuft, ist alles bestens. Gibt es aber technische Störungen wie etwa einen Internetausfall oder einen illegalen Hackerangriff, wird alles lahmgelegt. Dann kann die Abhängigkeit von der Technik eventuell zum Verhängnis werden.
Für all diese Aspekte rund um Datensicherheit und -hoheit müssen Lösungen, auch seitens der Politik, gefunden werden.
Den eben erwähnten Risiken stehen deutliche Vorteile gegenüber. Der größte Nutzen der Digitalisierung in der Landwirtschaft wird durch die potenzielle Steigerung der Nachhaltigkeit und der Produktivität sowie durch die Arbeitszeiteinsparung und -erleichterung gesehen. Im Ergebnis führt dies zu einem geringeren Einsatz von Dünger, Pflanzenschutzmitteln und Energie sowie Verbesserungen beim Tierwohl.
Landwirte werden sich künftig viel Material einsparen, beispielsweise durch Sensor- und Messtechnik auf dem Feld, mit deren Hilfe sich Dünger und Pflanzenschutzmittel genau dosieren lassen. Kombinierte Wetter- und Maschinendaten ermöglichen präzise Bodenbearbeitung. Drohnen lassen beispielsweise Boden-Monitoring oder Wildrettung mithilfe von Infraroterkennung zu. „Precision Farming“ wird also immer weiter ausgebaut werden und trägt zu einer besseren Nährstoffversorgung, Verringerung von Ernteeinbußen, mehr Ertrag und schlussendlich auch zum Pflanzenschutz bei. Laut einer EU-Studie könnte man in Zukunft mit der Digitalisierung auf 80 Prozent der Herbizide verzichten – beispielsweise auch durch einen Agrarroboter, der den Traktor ablöst und Unkraut sogar ganz ohne Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, sondern rein mechanisch aus dem Boden holt. Dies schont die Umwelt und reduziert gleichzeitig auch die Kosten im Ackerbau. Unterm Strich lässt sich also die Wirtschaftlichkeit in Zukunft deutlich verbessern.
Auch auf die Tierhaltung wird die Digitalisierung positiven Einfluss nehmen. Automatisierte Systeme gibt es schon zuhauf im Stall, in Zukunft werden immer mehr Arbeiten vor allem aber auch zum Wohl der Tiere automatisiert werden. Beim „Precision Livestock Farming“ können Sensoren Bewegungen und Vokalisation von Kühen und Schweinen messen. Diese Daten können dann sofort an das Handy des Landwirts weitergegeben werden, der im Bedarfsfall sofort auf ein außergewöhnliches Verhalten reagieren und eventuelle Krankheiten frühzeitig erkennen kann. Somit lässt sich auch die Gabe von Antibiotika und anderen Arzneimitteln reduzieren.
Landwirtschaft hat auch viel mit dem Umschlag großer Warenmengen und demzufolge auch mit Logistik zu tun. Indem Stoff- und Transportströme digital abgebildet werden, lassen diese sich optimieren und effizienter gestalten. Das reduziert auf Dauer den Verkehr und damit auch die CO2-Emissionen – ein weiterer Pluspunkt für die Umwelt.
Für den Landwirt selbst bedeutet die Digitalisierung mehr Lebensqualität. Viele körperlich anstrengende Tätigkeiten werden ihm abgenommen. Vieles kann gesteuert werden, ohne dass er selbst vor Ort sein muss. Buchhaltungsprogramme und Datenspeicherung in der Cloud erleichtern Prozessabläufe, Arbeitsplanung und die Datenauswertung. „Smart Farming“ wird die Betriebsführung in Zukunft weiter deutlich erleichtern.
Aufhalten lässt sich der technische Fortschritt nicht. Ähnlich wie beim Internet, auf das heute auch keiner mehr verzichten kann, wird es in Zukunft nicht mehr ohne die Digitalisierung gehen. Sie verspricht mehr Effizienz und bessere Erträge in Ackerbau und Viehzucht, Arbeitserleichterungen für die Landwirte, weniger Umweltbelastung durch nachhaltigen Ressourceneinsatz und tatsächlich auch gesündere Lebensmittel dank verringertem Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln auf dem Acker und reduziertem Arzneimitteleinsatz in der Tierzucht – das sind überzeugende Argumente für die Landwirtschaft 4.0.